Beschlüsse nº T-833/19 of Tribunal General de la Unión Europea, October 22, 2020

Resolution DateOctober 22, 2020
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-833/19

„Nichtigkeitsklage - Unionsmarke - Anmeldung einer Unionsbildmarke, die eine geometrische Figur darstellt - Absolutes Eintragungshindernis - Fehlende Unterscheidungskraft - Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 - Klage, der offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt“

In der Rechtssache T-833/19,

Grammer AG mit Sitz in Ursensollen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Bühling und D. Graetsch,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 19. September 2019 (Sache R 1478/2019-2) über die Anmeldung eines Bildzeichens, das eine geometrische Figur darstellt, als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli (Berichterstatterin) sowie der Richter C. Iliopoulos und R. Norkus,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 6. Dezember 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 12. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung

folgenden

Beschluss

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 2. Mai 2016 meldete die Klägerin, die Grammer AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3 Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 12, 41 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 9: „Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenträger, insbesondere zur Speicherung von Filmen; Magnetaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Solarzellen und Solarkollektoren zur Stromerzeugung; Messgeräte, insbesondere Schwingungsmessgeräte; Filme; Software; Displays, elektrische und elektronische Bedienungselemente, Joysticks, Sensoren; Kamerasysteme zur Überwachung von Kraftfahrzeugen“;

- Klasse 12: „Sitze für Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge; Sicherheitsgurte für Sitze von Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen; Innenausstattungen für Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge, insbesondere Kopfstützen, Armlehnen, Türverkleidungen, Konsolen für Fahrzeuginnenräume, Seitenverkleidungen, Radhauspolster, Dachhimmel, Armaturentafeln, Getränkehalter, Innenraumtaschen; Laderaumabdeckungen, Ski-Durchladesäcke, Gepäcknetze für Fahrzeuge; Lüftungsgitter für Fahrzeuge; Zierleisten für Fahrzeuginnenräume; lackierte Produkte als Teile von Fahrzeuginnenräumen; Lautsprechergitter für Fahrzeuge; Luftausströmer für Fahrzeuge; Kindersitze für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge; Fahrzeugkabinen, insbesondere Nutzfahrzeugkabinen, und deren konstruktionsgebundene Innenausstattungsteile sowie Einrichtungen zur Federung von Fahrzeugkabinen; Gehäuse für Teile von Kraftfahrzeugen (ausgenommen für Motoren); Fahrzeugfenster; Front- und Heckschürzen für Automobile; Frontspoiler und Heckspoiler für Automobile; Gehäusedeckel für Landfahrzeugmotoren; Blenden für Fahrzeuge und Fahrzeugteile; Streckmetall für Abdeckungen von Fahrzeugteilen; Abdeckungen für Fahrzeuge; Abdeckungen für Fahrzeugteile; Lüftungsgitter für Fahrzeuge; Metall-Kunststoff[-]Verbindungen für Fahrzeuge; Schlossträger für Fahrzeuge; Einstiegsleisten für Fahrzeuge; Fahrzeugteile, soweit in Klasse 12 enthalten“;

- Klasse 41: „Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Schulungen und Kongressen“;

- Klasse 42: „Wissenschaftliche Forschung, insbesondere Durchführung von Versuchen und Messungen an Fahrzeugen; Erstellen von Computerprogrammen und technischen Dokumentationen dafür; Entwicklung von Computerhardware; Entwicklung und Realisierung von Projekten auf dem Gebiet der Elektrik und Elektronik im Bereich Bergbau, Chemie, Baumaschinen, Landmaschinen und Werkzeuge; industrielle Systementwicklung“.

4 Des Weiteren meldete die Klägerin am selben Tag beim EUIPO für dieselben oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen beim EUIPO das nachstehend abgebildete Bildzeichen als Unionsmarke an, das am 7. September 2016 vom EUIPO unter der Nr. 15391881 eingetragen wurde.

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5 Mit Entscheidung vom 10. November 2016 wies die Prüferin die Anmeldung der oben in Rn. 2 genannten Marke gemäfl Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) zurück.

6 Am 2. Dezember 2016 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Prüferin beim EUIPO Beschwerde nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) ein.

7 Mit Entscheidung vom 6. September 2017 (im Folgenden: Entscheidung von 2017) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüferin zurück.

8 Mit Klageschrift, die am 21. November 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin gegen die Entscheidung von 2017 eine Klage, die unter dem Aktenzeichen T-762/17 in das Rechtssachenregister eingetragen wurde.

9 Mit Urteil vom 20. März 2019, Grammer/EUIPO (Darstellung einer Form) (T-762/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:171), gab das Gericht der Klage gegen die Entscheidung von 2017 wegen eines Begründungsmangels statt und hob diese Entscheidung auf.

10 Vor dem EUIPO wurde die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Prüferin vom 10. November 2016 der Zweiten Beschwerdekammer neu zugeteilt und erhielt das Aktenzeichen R 1478/2019-2.

11 Mit Entscheidung vom 19. September 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Die Beschwerdekammer vertrat insbesondere die Auffassung, der angemeldeten Marke fehle die Unterscheidungskraft.

Anträge der Parteien

12 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem EUIPO die Kosten einschliefllich der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

13 Das EUIPO beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

14 Nach Art. 126 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn eine Klage offensichtlich unzulässig ist oder ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt, auf Vorschlag des Berichterstatters jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne das Verfahren fortzusetzen.

15 Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts für ausreichend unterrichtet, um in Anwendung von Art. 126 der Verfahrensordnung ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden, auch wenn eine Partei - hier die Klägerin - die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2018, Apcoa Parking Holdings/EUIPO, C-32/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:396, Rn. 22 bis 24, und Beschluss vom 3. Mai 2018, Siberian Vodka/EUIPO - Schwarze und Schlichte [DIAMOND ICE], T-234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 14).

16 Die Klägerin macht einen einzigen Klagegrund geltend, der aus drei Teilen besteht und mit dem sie einen Verstofl gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 rügt. Erstens sei die Beschwerdekammer unzutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Marke nicht als betrieblicher Herkunftshinweis angesehen werden könne, zweitens habe die Beschwerdekammer an das Vorliegen der Unterscheidungskraft zu hohe Anforderungen gestellt, und drittens habe die Beschwerdekammer nicht die Unionsmarke berücksichtigt, die am selben Tag angemeldet und unter der Nr. 15391881 eingetragen worden sei, obgleich eine unterschiedliche Beurteilung nicht gerechtfertigt sei.

17 Gemäfl Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

18 Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bedeutet, dass diese Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C-398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19 Die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maflgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C-456/01 P und C-457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zum ersten Teil betreffend die Eignung der angemeldeten Marke, auf eine betriebliche Herkunft hinzuweisen

20 Im Rahmen des ersten Teils macht die Klägerin geltend, die angemeldete Marke sei geeignet, ihre Waren und Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Sie stützt sich insoweit auf drei Rügen betreffend die maflgeblichen Verkehrskreise, die Gestaltung des Zeichens und die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen.

Zu den maflgeblichen Verkehrskreisen

21 Die Beschwerdekammer hat in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die maflgeblichen Verkehrskreise zum Teil aus der breiten...

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