Opinion of Advocate General Campos Sánchez-Bordona delivered on 25 January 2024.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2024:86
Date25 January 2024
Celex Number62022CC0622
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ‑BORDONA

vom 25. Januar 2024(1)

Rechtssache C622/22

Europäische Kommission

gegen

Malta (DatalinkDienste)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Luftverkehr – Verordnung (EG) Nr. 29/2009 – Verpflichtung, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass eine von Malta benannte Flugsicherungsorganisation Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung nachkommt – Flugsicherungsstellen – Erbringung und Betrieb von Datalink‑Diensten – Fehlende Rechtfertigung der Verzögerung“






1. Die Kommission wirft Malta vor, dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 29/2009(2) verstoßen zu haben, dass es nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um sicherzustellen, dass der von ihm benannte Erbringer von Flugverkehrsdiensten (im Folgenden: ATS)(3) über die Fähigkeit verfüge, die in Anhang II dieser Verordnung festgelegten Datalink‑Dienste zu erbringen und zu betreiben.

2. Malta ist der Ansicht, dass unvorhersehbare Umstände vorgelegen hätten, die die verspätete Einrichtung des Systems rechtfertigten, weshalb die Auffassung der Kommission nicht zutreffe.

I. Rechtlicher Rahmen. Verordnung Nr. 29/2009

3. Art. 3 („Datalink‑Dienste“) bestimmt:

„(1) Die ATS‑Dienstleister stellen sicher, dass ATS‑Stellen, die Flugverkehrsdienste innerhalb des in Artikel 1 Absatz 3 genannten Luftraums erbringen, über die Fähigkeit verfügen, die in Anhang II festgelegten Datalink‑Dienste zu erbringen und zu betreiben.

…“

4. Art. 15 („Inkrafttreten und Geltung“)(4) lautet:

„Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab 5. Februar 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.“

5. In Anhang II sind die u. a. in Art. 3 genannten Datalink‑Dienste festgelegt.

II. Vorverfahren

6. Am 11. Oktober 2018 richtete die Kommission ein Schreiben an die Direktion für zivile Luftfahrt Maltas, in dem sie sich besorgt hinsichtlich der Verzögerung bei der Erbringung der in der Verordnung Nr. 29/2009 festgelegten Datalink‑Dienste zeigte und Malta aufforderte, deren Einrichtung zu beschleunigen.

7. Nach einer Aktualisierung durch SESAR(5) im Dezember 2019 erbrachte der von Malta benannte ATS‑Dienstleister(6) noch immer keine Datalink‑Dienste.

8. Mit Schreiben vom 15. Mai 2020 forderte die Kommission Malta auf, zu dem angeblichen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 29/2009 Stellung zu nehmen. Der Verstoß bestehe darin, dass nicht alle in Anhang II dieser Verordnung festgelegten Datalink‑Dienste für alle Luftfahrzeugbetreiber, die Flüge im maltesischen Luftraum durchführten und mit einer Datalink‑Kommunikationsfunktion im Sinne von Art. 6 dieser Verordnung ausgestattet seien, erbracht und betrieben worden seien.

9. Am 5. Oktober 2020 antwortete Malta auf das Aufforderungsschreiben der Kommission und erläuterte die Schwierigkeiten, auf die sein ATS‑Dienstleister gestoßen sei, den Geltungsbeginn der Verordnung Nr. 29/2009 einzuhalten, insbesondere aufgrund der Notwendigkeit, das Flugverkehrsmanagementsystem zu ersetzen.

10. In dieser Antwort auf das Aufforderungsschreiben der Kommission

– wies Malta darauf hin, dass der Erwerb, die Installation und die Inbetriebnahme des Systems im Jahr 2019 abgeschlossen worden seien und dass die Betriebsfähigkeit der Datalink‑Dienste ursprünglich für Februar 2020 vorgesehen gewesen, aber aufgrund der Covid‑19‑Pandemie unterbrochen worden sei;

– führte Malta aus, dass unter der Annahme, dass die Tätigkeit des Auftragnehmers im Jahr 2020 wieder aufgenommen werden könne, das Datalink‑Projekt vorrangig in der ersten Hälfte des Jahres 2022 vollständig durchgeführt werden solle.

11. In einer weiteren Mitteilung vom 15. Dezember 2020 berichtete Malta über die jüngsten Maßnahmen, die ergriffen worden seien, um den ATS‑Dienstleistern die Erbringung und den Betrieb von Datalink‑Diensten zu ermöglichen, und verpflichtete sich, der Kommission vierteljährliche Aktualisierungen der laufenden Fortschritte vorzulegen.

12. Am 18. Februar 2021 übersandte die Kommission ein ergänzendes Schreiben, mit dem sie Malta aufforderte, zu dem angeblichen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 29/2009 Stellung zu nehmen.

13. Malta antwortete am 18. März 2021 wie folgt:

– Das (im Jahr 2019 abgeschlossene) Flugverkehrsmanagementsystem habe vor der Einführung der Datalink‑Dienste erneuert werden müssen. Die durch die Covid‑19‑Pandemie verursachten Einschränkungen hätten die Aktivitäten des für Datalink‑Dienste verantwortlichen Auftragnehmers behindert.

– Seit Januar 2021 habe Malta trotz dieser Einschränkungen neue Schritte unternommen und sei in der Lage, die Anforderungen bis Juni 2022 zu erfüllen.

– Malta sei hinsichtlich des Stands der Durchführung der Verordnung Nr. 29/2009 völlig offen und transparent gegenüber der Kommission gewesen, was die Einhaltung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit und der Anforderungen von Art. 4 Abs. 3 EUV belege.

14. Am 15. Juli 2021 richtete die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Malta, in der sie feststellte, dass Malta dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 3 EUV verstoßen habe, dass es nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um sicherzustellen, dass der benannte ATS‑Dienstleister Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 29/2009 nachkomme. Laut der mit Gründen versehenen Stellungnahme musste Malta ihr innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Erhalt nachkommen.

15. Malta antwortete auf die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission mit Schreiben vom 20. September 2021, vom 25. November 2021 und vom 27. Januar 2022. In diesen Schreiben wies Malta auf die Hauptgründe für die Verzögerungen seit 2017 hin, gab einen Überblick über die erzielten Fortschritte und bestätigte das bereits mitgeteilte Datum der Durchführung von Juni 2022.

16. Auf ein Erinnerungsschreiben der Kommission vom 7. Februar 2022 hin legte Malta sieben aktualisierte Informationen vor, mit denen es im Wesentlichen Folgendes ausführte:

– Malta habe einer Verschiebung des Datums der Durchführung auf den 28. Dezember 2022 aus folgenden Gründen zugestimmt: Durchführung eines Aufforstungsprojekts für den Einbau von Ausrüstung für Datalink‑Dienste, weltweite Verknappung des Angebots an elektronischen Bauteilen, unvorhergesehene Softwareaktualisierungen und Zuweisung von Fluglotsen während der Ausbildungsphase.

– Zur Einhaltung der Verordnung Nr. 29/2009 sollte eine erforderliche Grundschulung durchgeführt werden, die bis spätestens 30. September 2022 abgeschlossen sein würde. Die gesamte Ausbildung würde nicht vor dem 30. November 2023 abgeschlossen sein.

– Andere Zwischenziele würden erst im Jahr 2023 erreicht werden (Interoperabilitätstests und bestimmte Aufgaben bezüglich Sicherheit, Qualität und Erfüllung).

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

17. Am 29. September 2022 hat die Kommission eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV eingereicht. Damit hat sie den Gerichtshof ersucht, festzustellen, dass „die Republik Malta dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 3 EUV … in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 29/2009 verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass der von ihr benannte ATS‑Dienstleister Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 29/2009 der Kommission einhält“. Außerdem beantragte sie, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

18. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2022 trat Malta der Klage der Kommission entgegen.

19. Die Kommission reichte am 25. Januar 2023 eine Erwiderung und Malta am 8. März 2023 eine Gegenerwiderung ein.

20. Der Gerichtshof beschloss, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

IV. Vorbringen der Parteien im Verfahren vor dem Gerichtshof

21. In ihrer Klageschrift sah die Kommission, nachdem sie die Eventualitäten des Vorverfahrens geprüft hatte, das Vorbringen Maltas im Vorverfahren zur Erläuterung der Gründe für die Verzögerung, die sich auf interne...

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