Maxxus Group GmbH & Co. KG v Globus Holding GmbH & Co. KG.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2022:174
Date10 March 2022
Docket NumberC-183/21
Celex Number62021CJ0183
CourtCourt of Justice (European Union)
62021CJ0183

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

10. März 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie (EU) 2015/2436 – Art. 19 – Ernsthafte Benutzung einer Marke – Beweislast – Antrag auf Erklärung des Verfalls wegen Nichtbenutzung – Nationale Verfahrensvorschrift, die die klagende Partei verpflichtet, eine Recherche am Markt über die Benutzung der Marke vorzunehmen“

In der Rechtssache C‑183/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Saarbrücken (Deutschland) mit Entscheidung vom 4. März 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 23. März 2021, in dem Verfahren

Maxxus Group GmbH & Co. KG

gegen

Globus Holding GmbH & Co. KG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis sowie der Richter D. Gratsias (Berichterstatter) und Z. Csehi,

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Maxxus Group GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt E. Stolz,

der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, G. Wilms und É. Gippini Fournier als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25) sowie der Art. 16, 17 und 19 der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1, Berichtigung in ABl. 2016, L 110, S. 6)

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Maxxus Group GmbH & Co. KG (im Folgenden: Maxxus) und der Globus Holding GmbH & Co. KG (im Folgenden: Globus) wegen Verfalls der Rechte von Globus an zwei in Deutschland eingetragenen Marken.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2008/95

3

In Art. 10 („Benutzung der Marke“) der Richtlinie 2008/95 hieß es:

„(1) Hat der Inhaber der Marke diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren nach dem Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens nicht ernsthaft in dem betreffenden Mitgliedstaat benutzt oder wurde eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die Marke den in dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

Folgendes gilt ebenfalls als Benutzung im Sinne des Unterabsatzes 1:

a)

Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird;

b)

Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich für den Export.

(2) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers oder durch eine zur Benutzung einer Kollektivmarke, Garantiemarke oder Gewährleistungsmarke befugte Person gilt als Benutzung durch den Inhaber.

…“

4

Art. 12 („Verfallsgründe“) der Richtlinie bestimmte in Abs. 1:

„Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist.

Wird die Benutzung innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag auf Verfallserklärung gestellt werden könnte.“

Richtlinie 2015/2436

5

Im zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2436 heißt es:

„Es muss unbedingt gewährleistet sein, dass eingetragene Marken im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen. …“

6

In Art. 16 („Benutzung der Marke“) der Richtlinie heißt es:

„(1) Hat der Inhaber der Marke diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss des Eintragungsverfahrens nicht ernsthaft in dem Mitgliedstaat benutzt oder wurde eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die Marke den in Artikel 17, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 44 Absätze 1 und 2 und Artikel 46 Absätze 3 und 4 vorgesehenen Beschränkungen und Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

(5) Folgendes gilt ebenfalls als Benutzung im Sinne des Absatzes 1:

a)

die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist;

b)

das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Verpackung in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich für den Export.

(6) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Benutzung durch den Inhaber.“

7

Art. 17 („Einrede der Nichtbenutzung in Verletzungsverfahren“) der Richtlinie sieht vor:

„Der Inhaber einer Marke kann die Benutzung eines Zeichens nur so weit verbieten, wie die Rechte des Inhabers nicht gemäß Artikel 19 zum Zeitpunkt der Erhebung der Verletzungsklage für verfallen erklärt werden können. Auf Verlangen des Beklagten hat der Markeninhaber den Nachweis zu erbringen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Klageerhebung im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und auf die sich die Klage stützt, gemäß Artikel 16 ernsthaft benutzt worden ist oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern das Eintragungsverfahren zum Zeitpunkt der Klageerhebung seit mindestens fünf Jahren abgeschlossen ist.“

8

Art. 19 („Fehlende ernsthafte Benutzung als Verfallsgrund“) der Richtlinie bestimmt:

„(1) Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

(2) Der Verfall einer Marke kann nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist.

(3) Wird die Benutzung innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag auf Verfallserklärung gestellt werden könnte.“

9

In Art. 54 („Umsetzung“) der Richtlinie 2015/2436 heißt es:

„(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um den Artikeln 3 bis 6, Artikeln 8 bis 14, Artikeln 16, 17 und 18, Artikeln 22 bis 39, Artikel 41, Artikeln 43 und 44 und Artikeln 46 bis 50 bis zum 14. Januar 2019 nachzukommen. Die Mitgliedstaaten erlassen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um Artikel 45 spätestens bis zum 14. Januar 2023 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

…“

10

Art. 55 („Aufhebung“) der Richtlinie sieht vor:

„Die Richtlinie [2008/95] wird unbeschadet der Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang I Teil B der Richtlinie [2008/95] genannten Fristen für die Umsetzung der [Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken] in innerstaatliches Recht mit Wirkung vom 15. Januar 2019 aufgehoben.

Verweisungen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Verweisungen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang zu lesen.“

Deutsches Recht

11

Nach § 49 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) vom 25. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I, S. 3082) wird die Marke auf Antrag wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht benutzt worden ist.

12

Gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 des Markengesetzes kann jede Person Klage auf Erklärung des Verfalls nach § 49 dieses Gesetzes erheben, soweit sie sich auf Nichtbenutzung der Marke beruft.

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

13

Globus ist Inhaberin der Wortmarke MAXUS. Diese Marke wurde im Juli 1996 beim Deutschen Patent- und Markenamt...

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