VZW Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming (Belplant), anciennement VZW Belgische Vereniging van de Industrie van Plantenbeschermingsmiddelen (PHYTOFAR) v Vlaams Gewest.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2022:925
Date24 November 2022
Docket NumberC-658/21
Celex Number62021CJ0658
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

24. November 2022(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft – Richtlinie (EU) 2015/1535 – Begriff der technischen Vorschrift – Art. 1 Abs. 1 – Nationale Regelung, die die Verwendung von glyphosathaltigen Pestiziden durch Privatpersonen auf privat genutzten Grundstücken untersagt – Art. 5 Abs. 1 – Verpflichtung der Mitgliedstaaten, der Kommission jeden Entwurf einer technischen Vorschrift zu übermitteln“

In der Rechtssache C‑658/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Staatsrat, Belgien) mit Entscheidung vom 21. Oktober 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Oktober 2021, in dem Verfahren

Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming VZW (Belplant), vormals Belgische Vereniging van de Industrie van Plantenbeschermingsmiddelen VZW (Phytofar),

gegen

Vlaams Gewest

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters N. Piçarra in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter N. Jääskinen und M. Gavalec (Berichterstatter),

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming VZW (Belplant), vormals Belgische Vereniging van de Industrie van Plantenbeschermingsmiddelen VZW (Phytofar), vertreten durch B. Deltour, Advocaat,

– des Vlaams Gewest, vertreten durch E. Cloots, T. Roes und J. Roets, Advocaten,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, M. Escobar Gómez und M. ter Haar als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 2015, L 241, S. 1).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming VZW (Belplant) (Belgisch-Luxemburgischer Verband der Pflanzenschutzindustrie VoG [Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht]), vormals Belgische Vereniging van de Industrie van Plantenbeschermingsmiddelen VZW (Phytofar) (Belgischer Verband der Pflanzenschutzmittelindustrie VoG) (im Folgenden: Belplant), und dem Vlaams Gewest (Flämische Region, Belgien) über die Gültigkeit eines Erlasses der flämischen Regierung, mit dem die Verwendung glyphosathaltiger Pestizide durch Privatpersonen auf privat genutzten Grundstücken auf dem Gebiet der Flämischen Region untersagt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3 Die Erwägungsgründe 2, 3, 7 und 11 der Richtlinie 2015/1535 lauten:

„(2) Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Folglich ist das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen im Warenaustausch sowie von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie solche mengenmäßigen Beschränkungen eine der Grundlagen der Union.

(3) Im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes ist es angebracht, bei den nationalen Maßnahmen zur Erstellung von technischen Vorschriften die größtmögliche Transparenz zu gewährleisten.

(7) Durch den Binnenmarkt soll den Unternehmen ein besseres Umfeld für die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet werden. Eine bessere Nutzung der Vorteile dieses Marktes durch die Unternehmen erfordert insbesondere eine verstärkte Information. Deshalb ist es notwendig, dass den Wirtschaftsteilnehmern durch die regelmäßige Veröffentlichung der Titel der notifizierten Entwürfe sowie durch die Bestimmungen über die Vertraulichkeit dieser Entwürfe die Möglichkeit gegeben wird, zu den geplanten technischen Vorschriften anderer Mitgliedstaaten Stellung zu nehmen.

(11) Die Vorschriften, die keine technischen Spezifikationen sind und den Lebenszyklus eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen betreffen, können den freien Verkehr dieses Erzeugnisses beeinträchtigen oder Hindernisse beim reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes schaffen.“

4 Art. 1 Abs. 1 Buchst. b bis f dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

b) ‚Dienst‘ eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.

c) ‚technische Spezifikation‘ eine Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Abmessungen, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung des Erzeugnisses sowie über Konformitätsbewertungsverfahren.

Unter den Begriff ‚technische Spezifikation‘ fallen ferner die Herstellungsmethoden und ‑verfahren für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse gemäß Artikel 38 Absatz 1 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), für die Erzeugnisse, die zur menschlichen und tierischen Ernährung bestimmt sind, für die Arzneimittel gemäß Artikel 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67)] sowie die Herstellungsmethoden und ‑verfahren für andere Erzeugnisse, sofern sie die Merkmale dieser Erzeugnisse beeinflussen;

d) ‚sonstige Vorschrift‘ eine Vorschrift für ein Erzeugnis, die keine technische Spezifikation ist und insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der Umwelt erlassen wird und den Lebenszyklus des Erzeugnisses nach dem Inverkehrbringen betrifft, wie Vorschriften für Gebrauch, Wiederverwertung, Wiederverwendung oder Beseitigung, sofern diese Vorschriften die Zusammensetzung oder die Art des Erzeugnisses oder seine Vermarktung wesentlich beeinflussen können;

e) ‚Vorschrift betreffend Dienste‘ eine allgemein gehaltene Vorschrift über den Zugang zu den Aktivitäten der unter Buchstabe b genannten Dienste und über deren Betreibung, insbesondere Bestimmungen über den Erbringer von Diensten, die Dienste und den Empfänger von Diensten, unter Ausschluss von Regelungen, die nicht speziell auf die unter dieser Nummer definierten Dienste abzielen.

f) ‚technische Vorschrift‘ technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung rechtlich oder de facto für das Inverkehrbringen, die Erbringung des Dienstes, die Niederlassung eines Erbringers von Diensten oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, sowie – vorbehaltlich der in Artikel 7 genannten Bestimmungen – die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses oder Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden.

…“

5 Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Vorbehaltlich des Artikels 7 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt; in diesem Fall reicht die Mitteilung aus, um welche Norm es sich handelt. Sie...

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