Urteile nº T-417/05 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, July 14, 2006

Resolution DateJuly 14, 2006
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-417/05

„Wettbewerb – Unternehmenszusammenschluss – Verordnung (EG) Nr. 139/2004 – Elektrizitätsmarkt – Entscheidung, mit der eine gemeinschaftsweite Bedeutung eines Zusammenschlusses verneint wird – Berechnung des Umsatzes – Rechnungslegungsstandards – Anpassungen – Beweislast – Verteidigungsrechte“

In der Rechtssache T‑417/05

Endesa, SA, mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: J. Flynn, QC, S. Baxter, Solicitor, Rechtsanwälte M. Odriozola Alén, M. Muñoz de Juan, M. Merola, J. García de Enterría Lorenzo-Velázquez und J. Varcárcel Martínez,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Castillo de la Torre, É. Gippini Fournier, A. Whelan und M. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Spanien, Prozessbevollmächtigte: Abogado del Estado N. Díaz Abad,

und durch

Gas Natural SDG, SA, mit Sitz in Barcelona (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. González Díaz, J. Jiménez de la Iglesia und A. Leis García,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 15. November 2005 Nichtvorhandensein einer gemeinschaftsweiten Bedeutung (Sache COMP/M.3986 – Gas Natural/Endesa)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richterin V. Tiili und des Richters O. Czúcz,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 2006

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

Verordnungen über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen

1 Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1, im Folgenden: Fusionskontrollverordnung oder Verordnung) bestimmt:

„(1) Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 5 und des Artikels 22 gilt diese Verordnung für alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieses Artikels.

(2) Ein Zusammenschluss hat gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn folgende Umsätze erzielt werden:

a) ein weltweiter Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen zusammen von mehr als 5 Mrd. EUR und

b) ein gemeinschaftsweiter Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen von jeweils mehr als 250 Mio. EUR;

dies gilt nicht, wenn die beteiligten Unternehmen jeweils mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen.

…“

2 In Artikel 5 der Verordnung mit der Überschrift „Berechnung des Umsatzes“ heißt es:

„(1) Für die Berechnung des Gesamtumsatzes im Sinne dieser Verordnung sind die Umsätze zusammenzuzählen, welche die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr mit Waren und Dienstleistungen erzielt haben und die dem normalen geschäftlichen Tätigkeitsbereich der Unternehmen zuzuordnen sind, unter Abzug von Erlösschmälerungen, der Mehrwertsteuer und anderer unmittelbar auf den Umsatz bezogener Steuern. Bei der Berechnung des Gesamtumsatzes eines beteiligten Unternehmens werden Umsätze zwischen den in Absatz 4 genannten Unternehmen nicht berücksichtigt.

Der in der Gemeinschaft oder in einem Mitgliedstaat erzielte Umsatz umfasst den Umsatz, der mit Waren und Dienstleistungen für Unternehmen oder Verbraucher in der Gemeinschaft oder in diesem Mitgliedstaat erzielt wird.

…“

3 Artikel 19 der Verordnung bestimmt:

„(1) Die Kommission übermittelt den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten binnen dreier Arbeitstage eine Kopie der Anmeldungen und so bald wie möglich die wichtigsten Schriftstücke, die in Anwendung dieser Verordnung bei ihr eingereicht oder von ihr erstellt werden …

(2) Die Kommission führt die in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren in enger und stetiger Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durch; diese sind berechtigt, zu diesen Verfahren Stellung zu nehmen …“

4 Artikel 21 der Verordnung bestimmt:

„(2) Vorbehaltlich der Nachprüfung durch den Gerichtshof ist die Kommission ausschließlich dafür zuständig, die in dieser Verordnung vorgesehenen Entscheidungen zu erlassen.

(3) Die Mitgliedstaaten wenden ihr innerstaatliches Wettbewerbsrecht nicht auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung an.“

5 In Artikel 22 der Verordnung heißt es:

„(1) Auf Antrag eines oder mehrerer Mitgliedstaaten kann die Kommission jeden Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3 prüfen, der keine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne von Artikel 1 hat, aber den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb im Hoheitsgebiet des beziehungsweise der antragstellenden Mitgliedstaaten erheblich zu beeinträchtigen droht.

Der Antrag muss innerhalb von 15 Arbeitstagen, nachdem der Zusammenschluss bei dem betreffenden Mitgliedstaat angemeldet oder, falls eine Anmeldung nicht erforderlich ist, ihm anderweitig zur Kenntnis gebracht worden ist, gestellt werden.

(2) Die Kommission unterrichtet die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die beteiligten Unternehmen unverzüglich von einem nach Absatz 1 gestellten Antrag.

Jeder andere Mitgliedstaat kann sich dem ersten Antrag innerhalb von 15 Arbeitstagen, nachdem er von der Kommission über diesen informiert wurde, anschließen.

Alle einzelstaatlichen Fristen, die den Zusammenschluss betreffen, werden gehemmt, bis nach dem Verfahren dieses Artikels entschieden worden ist, durch wen der Zusammenschluss geprüft wird. Die Hemmung der einzelstaatlichen Fristen endet, sobald der betreffende Mitgliedstaat der Kommission und den beteiligten Unternehmen mitteilt, dass er sich dem Antrag nicht anschließt.

(3) Die Kommission kann spätestens zehn Arbeitstage nach Ablauf der Frist gemäß Absatz 2 beschließen, den Zusammenschluss zu prüfen, wenn dieser ihrer Ansicht nach den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb im Hoheitsgebiet des bzw. der Antrag stellenden Mitgliedstaaten erheblich zu beeinträchtigen droht. Trifft die Kommission innerhalb der genannten Frist keine Entscheidung, so gilt dies als Entscheidung, den Zusammenschluss gemäß dem Antrag zu prüfen.

Die Kommission unterrichtet alle Mitgliedstaaten und die beteiligten Unternehmen von ihrer Entscheidung. Sie kann eine Anmeldung gemäß Artikel 4 verlangen.

Das innerstaatliche Wettbewerbsrecht des bzw. der Mitgliedstaaten, die den Antrag gestellt haben, findet auf den Zusammenschluss nicht mehr Anwendung.

…“

6 Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (ABl. L 133, S. 1) lautet:

„Von der Akteneinsicht ausgenommen sind vertrauliche Informationen sowie interne Unterlagen der Kommission und der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Ebenfalls von der Akteneinsicht ausgenommen ist die Korrespondenz zwischen der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie zwischen den Letztgenannten untereinander.“

7 Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. L 243, S. 1) bestimmt:

„Gegenstand dieser Verordnung ist die Übernahme und Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards in der Gemeinschaft, mit dem Ziel, die von Gesellschaften im Sinne des Artikels 4 vorgelegten Finanzinformationen zu harmonisieren, um einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit eine effiziente Funktionsweise des Kapitalmarkts in der Gemeinschaft und im Binnenmarkt sicherzustellen.“

Regelung für die Buchhaltung der Gesellschaften

8 Artikel 4 der Verordnung Nr. 1606/2002 (mit der Überschrift „Konsolidierte Abschlüsse von kapitalmarktorientierten Gesellschaften“) bestimmt:

„Für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen, stellen Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen, ihre konsolidierten Abschlüsse nach den internationalen Rechnungslegungsstandards auf, die nach dem Verfahren des Artikels 6 Absatz 2 übernommen wurden, wenn am jeweiligen Bilanzstichtag ihre Wertpapiere in einem beliebigen Mitgliedstaat zum Handel in einem geregelten Markt im Sinne des Artikels 1 Absatz 13 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen zugelassen sind.“

9 Die Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29. September 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung Nr. 1606/2002 (ABl. L 261, S. 1) bestimmt:

„Artikel 1

Die internationalen Rechnungslegungsstandards, die Gegenstand des Anhangs sind, werden hiermit übernommen.

…“

10 Im International Accounting Standard (internationaler Rechnungslegungsstandard, im Folgenden: IAS) IAS 18 mit der Überschrift „Erträge“ im Anhang zur Verordnung Nr. 1725/2003 heißt es:

„Definitionen

7. Folgende Begriffe werden in diesem Standard mit der angegebenen Bedeutung verwendet:

Ertrag ist der aus der gewöhnlichen Tätigkeit eines Unternehmens resultierende Bruttozufluss wirtschaftlichen Nutzens während der Berichtsperiode, der zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führt, soweit er nicht aus Einlagen der Anteilseigner stammt.

Der beizulegende Zeitwert ist der Betrag, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern ein Vermögenswert getauscht oder eine Schuld beglichen werden könnte.

8. Der Begriff Ertrag umfasst nur Bruttozuflüsse wirtschaftlichen Nutzens, die ein Unternehmen für eigene Rechnung erhalten hat oder beanspruchen kann. Beträge, die im Interesse Dritter eingezogen werden, wie Umsatzsteuern und andere Verkehrsteuern, entfalten keinen wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen und führen auch nicht zu einer Erhöhung des Eigenkapitals. Daher werden sie nicht unter den Begriff Ertrag subsumiert. Gleiches gilt bei Vermittlungsgeschäften für die in den Bruttozuflüssen wirtschaftlichen Nutzens enthaltenen Beträge, die für den Auftraggeber erhoben werden und die nicht zu einer Erhöhung des Eigenkapitals des...

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