Urteile nº T-721/17 of Tribunal General de la Unión Europea, September 11, 2019

Resolution DateSeptember 11, 2019
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-721/17

„Gemeinsame Auflen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maflnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen - Einfrieren von Geldern - Begründungspflicht - Beurteilungsfehler“

In den verbundenen Rechtssachen T-721/17 und T-722/17

Sergey Topor-Gilka, wohnhaft in Moskau (Russland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Meyer,

Kläger in der Rechtssache T-721/17,

OOO WO Technopromexport mit Sitz in Moskau, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Meyer,

Klägerin in der Rechtssache T-722/17,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.-P. Hix und E. Salia als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, zunächst vertreten durch T. Henze, J. Möller und R. Kanitz, dann durch M. Möller und R. Kanitz als Bevollmächtigte,

und

Europäische Kommission, vertreten durch L. Baumgart, M. Kellerbauer, T. Ramopoulos und E. Schmidt als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (GASP) 2017/1418 des Rates vom 4. August 2017 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maflnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2017, L 203 I, S. 5), des Beschlusses (GASP) 2018/392 des Rates vom 12. März 2018 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maflnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2018, L 69, S. 48) und des Beschlusses (GASP) 2018/1237 des Rates vom 12. September 2018 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maflnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2018, L 231, S. 27) erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis (Berichterstatter) sowie der Richter D. Spielmann und Z. Csehi,

Kanzler: N. Schall, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2019

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die OOO WO Technopromexport (im Folgenden: OOO VO TPE), ist eine russische Ingenieursaktiengesellschaft, die zur staatlichen russischen Gesellschaft Rostec gehört und die u. a. im Bereich des Baus von Energieanlagen tätig ist.

2 Herr Sergey Topor-Gilka ist der Generaldirektor der OOO VO TPE.

3 Den vorliegenden Rechtssachen liegen restriktive Maflnahmen zugrunde, die zum Schutz der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine im Anschluss an die rechtswidrige Eingliederung zweier ukrainischer Verwaltungseinheiten, der Krim und Sewastopols, durch Annexion erlassen wurden.

4 Am 17. März 2014 erliefl der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2014/145/GASP über restriktive Maflnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 16).

5 Am selben Tag erliefl der Rat auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maflnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 6).

6 In der Folge erliefl der Rat am 8. September 2014 den Beschluss 2014/658/GASP zur Änderung des Beschlusses 2014/145 (ABl. 2014, L 271, S. 47) und die Verordnung (EU) Nr. 959/2014 zur Änderung der Verordnung Nr. 269/2014 (ABl. 2014, L 271, S. 1), um insbesondere die Kriterien zu ändern, nach denen natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen den betreffenden restriktiven Maflnahmen unterworfen werden konnten.

7 Zum einen sieht Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/145 vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maflnahmen ergreifen, um „natürlichen Personen, die für Handlungen oder politische Maflnahmen, die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine oder die Stabilität oder die Sicherheit in der Ukraine untergraben oder bedrohen, verantwortlich sind oder solche Handlungen oder politischen Maflnahmen aktiv unterstützen oder umsetzen oder die die Arbeit von internationalen Organisationen in der Ukraine behindern, und den mit ihnen verbundenen Personen“, die Einreise in oder die Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet zu verweigern. Zum anderen sieht Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b des Beschlusses 2014/145 das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen dieser natürlichen Personen oder der mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2014/145) sowie der „juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die materiell oder finanziell Handlungen unterstützen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen“ (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2014/145) vor. Gemäfl Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses 2014/145 dürfen den in dessen Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.

8 Die Modalitäten dieser restriktiven Maflnahmen werden in den weiteren Absätzen von Art. 2 des Beschlusses 2014/145 festgelegt.

9 Die Verordnung Nr. 269/2014 in geänderter Fassung schreibt den Erlass von Maflnahmen zum Einfrieren von Geldern vor und legt deren Modalitäten in Worten fest, die mit denen des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung im Wesentlichen identisch sind. Der geänderte Art. 3 Abs. 1 Buchst. a bis d dieser Verordnung übernimmt nämlich im Wesentlichen den geänderten Art. 2 Abs. 1 Buchst. a bis d dieses Beschlusses.

10 Am 23. Juni 2014 erliefl der Rat den Beschluss 2014/386/GASP über Beschränkungen für Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol als Reaktion auf die rechtswidrige Eingliederung der Krim und Sewastopols durch Annexion (ABl. 2014, L 183, S. 70) sowie die Verordnung (EU) Nr. 692/2014 über Beschränkungen für die Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol in die Union als Reaktion auf die rechtswidrige Eingliederung der Krim und Sewastopols durch Annexion (ABl. 2014, L 183, S. 9).

11 In der Folge erliefl der Rat am 18. Dezember 2014 den Beschluss 2014/933/GASP zur Änderung des Beschlusses 2014/386 (ABl. 2014, L 365, S. 152) und die Verordnung (EU) Nr. 1351/2014 zur Änderung der Verordnung Nr. 692/2014 (ABl. 2014, L 365, S. 46), um insbesondere die Beschränkungen und Verbote auf bestimmte Wirtschaftssektoren auszuweiten.

12 Der Beschluss 2014/386 und die Verordnung Nr. 692/2014, jeweils in geänderter Fassung, sehen ein Verbot von Investitionen in die Infrastruktur u. a. im Energiesektor und ein Ausfuhrverbot für wesentliche Ausrüstungen und Technologien für diesen Sektor vor. Insbesondere verbietet Art. 2b der Verordnung Nr. 692/2014 in geänderter Fassung, die in deren Anhang II aufgeführten Güter und Technologien an Personen oder Einrichtungen auf der Krim oder in Sewastopol oder zur Verwendung auf der Krim oder in Sewastopol zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen. Dieser Anhang II umfasst u. a. bestimmte Güter und Technologien, die für die Verwendung im Schlüsselbereich der Energie geeignet sind, darunter die in Position 8411 der Kombinierten Nomenklatur erfassten Gasturbinen.

13 Am 4. August 2017 erliefl der Rat den Beschluss (GASP) 2017/1418 zur Änderung des Beschlusses 2014/145 (ABl. 2017, L 203 I, S. 5).

14 In den Erwägungsgründen 2 bis 5 des Beschlusses 2017/1418 heiflt es insbesondere:

„(2) Als Teil der Unionspolitik der Nichtanerkennung der rechtswidrigen Annexion der Krim und Sewastopols wurde die Lieferung wesentlicher Ausrüstung für die Errichtung, den Erwerb und die Entwicklung von Infrastrukturprojekten in wichtigen Sektoren, einschliefllich des Energiesektors, auf der Krim und Sewastopol durch den Rat untersagt.

(3) Gasturbinen, ein wesentlicher Bestandteil bei der Entwicklung neuer Kraftwerke auf der Krim, sind von Russland geliefert worden, wobei gegen die Bestimmungen des Vertrags über den ursprünglichen Verkauf der Turbinen durch ein in der Union ansässiges Unternehmen an Russland verstoflen wurde.

(4) Mit diesen Kraftwerken sollen die Krim und Sewastopol eine unabhängige Stromversorgung erhalten und somit ihre Abtrennung von der Ukraine unterstützt und die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben werden. Zudem untergräbt dieses Handeln die Unionspolitik der Nichtanerkennung der rechtswidrigen Annexion der Krim und Sewastopols.

(5) Infolgedessen sollten weitere Personen, Organisationen und Einrichtungen in die im Anhang des Beschlusses 2014/145/GASP enthaltene Liste der restriktiven Maflnahmen unterliegenden Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgenommen werden.“

15 Ebenfalls am 4. August 2017 erliefl der Rat die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1417 zur Durchführung der Verordnung Nr. 269/2014 (ABl. 2017, L 203 I, S. 1).

16 Mit dem Beschluss 2017/1418 und der Durchführungsverordnung 2017/1417 wurden die Namen der Kläger Topor-Gilka und OOO VO TPE in die Listen der Personen und Organisationen aufgenommen, gegen die sich die restriktiven Maflnahmen richten und die im Anhang des Beschlusses 2014/145 (im Folgenden: streitige Liste) und im Anhang I der Verordnung Nr. 269/2014 aufgeführt sind.

17 Im Beschluss 2017/1418 und in der Durchführungsverordnung 2017/1417 rechtfertigte der Rat den Erlass der restriktiven Maflnahmen gegen Herrn Topor-Gilka damit, dass er ihn als „Generaldirektor von OAO ,VO TPE‘ bis zu dessen Insolvenz, Generaldirektor von OOO ,VO TPE‘“ bezeichnete und dafür die folgenden Gründe...

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