Beschlüsse nº T-751/18 of Tribunal General de la Unión Europea, January 22, 2020

Resolution DateJanuary 22, 2020
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-751/18

„Nichtigkeitsklage - Entzug von zertifizierten CO2-Einsparungen - Ökoinnovationsregelung - Verordnung (EG) Nr. 443/2009 - Durchführungsverordnung (EU) Nr. 725/2011 - Nicht anfechtbare Handlung - Vorbereitende Maf‌lnahme - Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T-751/18

Daimler AG mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte N. Wimmer, C. Arhold und G. Ollinger,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J.-F. Brakeland und A. Becker als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Schreibens Ares(2018) 5413709 der Kommission vom 22. Oktober 2018, mit dem der Entzug der CO2-Einsparungen von Ökoinnovationen für die mit den hocheffizienten Wechselstromgeneratoren Bosch HED EL7-150 und 175 plus ausgestatteten Fahrzeuge der Daimler AG mitgeteilt wird,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović (Berichterstatterin), der Richterin P. Škvařilová-Pelzl und des Richters I. Nõmm,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

Rechtlicher Rahmen

1 Im Rahmen des von der Europäischen Union festgelegten Ziels, den Ausstof‌l von Kohlendioxid (CO2) von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen zu verringern und gleichzeitig das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes sicherzustellen, erlief‌len das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 443/2009 vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (ABl. 2009, L 140, S. 1).

2 Um dieses Ziel zu erreichen, sieht Art. 4 dieser Verordnung vor, dass jeder Hersteller von Personenkraftwagen für das am 1. Januar 2012 beginnende Kalenderjahr und für jedes folgende Kalenderjahr sicherstellt, dass seine durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen die gemäf‌l Anhang I der Verordnung festgesetzte Zielvorgabe für die spezifischen CO2-Emissionen nicht überschreiten oder, bei Herstellern, denen eine Ausnahme nach Art. 11 der Verordnung gewährt wurde, dieser Ausnahme entsprechen.

3 Die Festsetzung der Zielvorgabe für die spezifischen CO2-Emissionen eines Herstellers erfolgt gemäf‌l Art. 4 in Verbindung mit Anhang I der Verordnung Nr. 443/2009. Im Übrigen ermitteln die Mitgliedstaaten zur Bestimmung der durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen eines Herstellers die Angaben nach Art. 8 in Verbindung mit Anhang II dieser Verordnung, insbesondere die CO2-Emissionen, wie sie im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens ermittelt werden und in der Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2007, L 263, S. 1) ausgewiesen sind, für alle in ihrem Hoheitsgebiet im Vorjahr zugelassenen neuen Personenkraftwagen.

4 Die Europäische Kommission nimmt diese Daten in ein öffentlich einsehbares Verzeichnis auf. Ferner stellt sie gemäf‌l Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 443/2009 bis zum 30. Juni jeden Jahres eine vorläufige Berechnung der durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen, der Zielvorgabe für die spezifischen Emissionen sowie der Differenz zwischen diesen Werten im vorangegangenen Kalenderjahr für jeden Hersteller an und teilt die betreffenden Daten den Herstellern mit.

5 Nach Ablauf einer Dreimonatsfrist ab dieser Mitteilung, innerhalb deren die Hersteller etwaige Fehler mitteilen können, ändert oder bestätigt die Kommission die vorläufig berechneten Daten gemäf‌l Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 443/2009 bis zum 31. Oktober jeden Jahres. Sie legt die endgültigen Daten in einem förmlichen Beschluss fest, und veröffentlicht sie in Form der in Art. 10 dieser Verordnung genannten Liste, in der für jeden Hersteller die Zielvorgabe für das vorangegangene Kalenderjahr, die durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen im Vorjahr sowie die Differenz zwischen diesen beiden Werten angegeben sind.

6 Übersteigen die durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen eines Herstellers seine Zielvorgabe für dasselbe Kalenderjahr, erhebt die Kommission die in Art. 9 der Verordnung Nr. 443/2009 festgelegte Abgabe wegen Emissionsüberschreitung. Bei Erhebung dieser Abgabe stützt sich die Kommission auf die gemäf‌l Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung bestimmten und förmlich festgelegten Daten.

7 Die von der Verordnung Nr. 443/2009 vorgesehene Verringerung der CO2-Emissionen von neuen Personenkraftwagen verfolgt neben dem Umweltschutz auch ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts bzw. speziell den Zweck, Anreize für Investitionen in neue Technologien zu geben. Zugunsten einer langfristigen Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie „fördert [diese Verordnung daher] aktiv die Ökoinnovation und trägt künftigen Technologieentwicklungen Rechnung“ (vgl. den 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 443/2009).

8 Dementsprechend sieht Art. 12 der Verordnung Nr. 443/2009 betreffend die Ökoinnovationen vor, dass CO2-Einsparungen, die durch den Einsatz innovativer Technologien erreicht werden, berücksichtigt werden. Dazu werden sie bei der Berechnung der durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen eines Herstellers von den spezifischen CO2-Emissionen der Fahrzeuge, in denen diese Technologien eingesetzt werden, abgezogen.

9 Die Kommission hat zu diesem Zweck am 25. Juli 2011 die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 725/2011 zur Einführung eines Verfahrens zur Genehmigung und Zertifizierung innovativer Technologien zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen nach der Verordnung Nr. 443/2009 (ABl. 2011, L 194, S. 19) erlassen.

10 Um bei der Bestimmung der durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen eines Herstellers in den Genuss von CO2-Einsparungen aufgrund einer innovativen Technologie zu kommen, kann der Hersteller bei der Kommission die Genehmigung einer innovativen Technologie als Ökoinnovation beantragen. Dafür muss er einen Antrag auf Genehmigung einer innovativen Technologie als Ökoinnovation stellen, der die in Art. 4 der Durchführungsverordnung Nr. 725/2011 aufgezählten Einzelheiten umfasst. Die Kommission prüft sodann den Antrag gemäf‌l Art. 10 dieser Verordnung und erlässt gegebenenfalls einen Beschluss über die Genehmigung der innovativen Technologie als Ökoinnovation. Dieser Beschluss bestimmt, welche Informationen für die Zertifizierung der CO2-Einsparungen gemäf‌l Art. 11 der Durchführungsverordnung Nr. 725/2011 erforderlich sind, vorbehaltlich der Ausnahmen vom Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten gemäf‌l der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43).

11 Ein Fahrzeughersteller, der zur Einhaltung seiner Zielvorgabe für spezifische Emissionen von einer Verringerung seiner durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen durch die CO2-Einsparungen aus einer Ökoinnovation nach Art. 12 der Verordnung Nr. 443/2009 profitieren will, kann daraufhin - unter Verweis auf den Beschluss der Kommission über die Genehmigung einer konkreten Ökoinnovation - bei einer nationalen Genehmigungsbehörde im Sinne der Richtlinie 2007/46 die Zertifizierung der durch Einsatz dieser Ökoinnovation in seinen Fahrzeugen erzielten CO2-Einsparungen gemäf‌l Art. 11 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 725/2011 beantragen. Die für Fahrzeugtypen zertifizierten CO2-Einsparungen werden sowohl in die entsprechenden Typgenehmigungsunterlagen, die von der nationalen Genehmigungsbehörde ausgestellt werden, als auch in die vom Hersteller ausgegebenen Übereinstimmungsbescheinigungen der betroffenen Fahrzeuge aufgenommen.

12 Hinsichtlich der von den nationalen Genehmigungsbehörden vorgenommenen Zertifizierung der CO2-Einsparungen und der Berücksichtigung der zertifizierten CO2-Einsparungen bei der Bestimmung der durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen eines Herstellers sieht die Durchführungsverordnung Nr. 725/2011 in ihrem Art. 12 eine Überprüfung der Zertifizierungen durch die Kommission auf einer Ad-hoc-Basis vor. Die Modalitäten dieser Ad-hoc-Überprüfung und die sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen sind in den Abs. 1 bis 3 dieses Artikels geregelt.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

13 Am 30. Januar 2015 erlief‌l die Kommission den Durchführungsbeschluss (EU) 2015/158 über die Genehmigung von zwei hocheffizienten Generatoren der Robert Bosch GmbH als innovative Technologie zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen gemäf‌l der Verordnung Nr. 443/2009 (ABl. 2015, L 26, S. 31).

14 Die Klägerin, die Daimler AG, ist ein deutscher Automobilhersteller, der bestimmte Personenkraftwagen mit hocheffizienten Wechselstromgeneratoren von Robert Bosch (im Folgenden: streitige Ökoinnovationen) ausstattet.

15 Die Klägerin beantragte nach Art. 11 („Zertifizierung der CO2-Einsparungen von Ökoinnovationen“) der Durchführungsverordnung Nr. 725/2011 beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA; Deutschland) mit Erfolg die...

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