Comisión Europea contra Reino de Dinamarca.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2022:561
Date14 July 2022
Docket NumberC-159/20
Celex Number62020CJ0159
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

14. Juli 2022(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 – Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel – Art. 13 – Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung (g. U.) ‚Feta‘ zur Bezeichnung von Käse, der in Dänemark erzeugt wurde und zur Ausfuhr in Drittländer bestimmt ist – Art. 4 Abs. 3 EUV – Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit“

In der Rechtssache C‑159/20

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 8. April 2020,

Europäische Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis, I. Naglis und U. Nielsen als Bevollmächtigte,

Klägerin,

unterstützt durch

Hellenische Republik, vertreten durch E.‑E. Krompa, E. Leftheriotou, E. Tsaousi und A.‑E. Vasilopoulou als Bevollmächtigte,

Republik Zypern, vertreten durch V. Christoforou und E. Zachariadou als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen,

gegen

Königreich Dänemark, vertreten durch M. P. Brøchner Jespersen, J. Nymann-Lindegren, V. Pasternac Jørgensen, M. Søndahl Wolff und L. Teilgård als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis (Berichterstatter), M. Ilešič, D. Gratsias und Z. Csehi,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. März 2022

folgendes

Urteil

1 Mit ihrer Klage begehrt die Europäische Kommission die Feststellung, dass das Königreich Dänemark dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 13 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. 2012, L 343, S. 1) verstoßen hat, dass es die Verwendung der Bezeichnung „Feta“ für Käse, der nicht der Produktspezifikation entspricht, die in der Verordnung (EG) Nr. 1829/2002 der Kommission vom 14. Oktober 2002 zur Änderung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1107/96 der Kommission in Bezug auf die Bezeichnung „Feta“ (ABl. 2002, L 277, S. 10) veröffentlicht wurde, durch dänische Milcherzeuger nicht vermieden oder beendet hat.

2 Ferner begehrt die Kommission die Feststellung, dass das Königreich Dänemark dadurch gegen Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 der Verordnung Nr. 1151/2012 verstoßen hat, dass es die Herstellung und Vermarktung von Nachahmungen von Feta durch dänische Milcherzeuger geduldet hat.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung Nr. 1829/2002

3 Mit der Verordnung Nr. 1829/2002 wurde die Bezeichnung „Feta“ in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g. U.) und der geschützten geografischen Angaben (g. g. A.) als g. U. eingetragen.

Verordnung Nr. 1151/2012

4 Die Erwägungsgründe 2, 3, 5, 18, 20 und 27 der Verordnung Nr. 1151/2012 lauten:

„(2) Die Bürger und die Verbraucher in der Union verlangen zunehmend Erzeugnisse von Qualität sowie traditionelle Erzeugnisse. Außerdem ist es ihnen ein Anliegen, die Vielfalt der landwirtschaftlichen Erzeugung in der Union zu erhalten. Dadurch entsteht eine Nachfrage nach Agrarerzeugnissen oder Lebensmitteln mit bestimmbaren besonderen Merkmalen, insbesondere solchen, die eine Verbindung zu ihrem geografischen Ursprung aufweisen.

(3) Die Erzeuger können nur dann weiterhin ein breit gefächertes Angebot hochwertiger Produkte herstellen, wenn sie für ihre Anstrengungen gerecht entlohnt werden. Dazu müssen sie die Käufer und die Verbraucher im Rahmen eines fairen Wettbewerbs über die Merkmale ihres Erzeugnisses informieren können. Außerdem müssen sie ihre Erzeugnisse auf dem Markt sachgemäß kenntlich machen können.

(5) Zu den politischen Prioritäten im Rahmen von Europa 2020 gemäß der Mitteilung der Kommission mit dem Titel ‚Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum‘ gehören Ziele wie die Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten wettbewerbsfähigen Wirtschaft und die Förderung einer Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem sozialem und territorialem Zusammenhalt. Eine Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse sollte den Erzeugern daher die richtigen Instrumente für eine bessere Kenntlichmachung und die Förderung des Absatzes derjenigen ihrer Produkte, die besondere Merkmale aufweisen, an die Hand geben und diese Erzeuger gleichzeitig vor unlauteren Praktiken schützen.

(18) Durch den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben sollen den Landwirten und den Erzeugern ein gerechtes Einkommen für die hochwertige Qualität und Merkmale eines bestimmten Erzeugnisses oder für die Art seiner Erzeugung gesichert und klare Informationen über Erzeugnisse mit besonderen Merkmalen aufgrund des geografischen Ursprungs bereitgestellt werden, damit der Verbraucher seine Kaufentscheidungen gut informiert treffen kann.

(20) Ein Unionsrechtsrahmen, der Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützt, indem er deren Eintragung in ein Register vorsieht, erleichtert die Entwicklung jener Instrumente, da das hieraus hervorgehende einheitlichere Vorgehen gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Erzeuger derart gekennzeichneter Produkte gewährleistet und die Glaubwürdigkeit solcher Produkte beim Verbraucher erhöht. Es sollte vorgesehen werden, die Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben auf Unionsebene zu entwickeln und die Schaffung von Mechanismen für deren Schutz in Drittländern im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) bzw. mehrseitiger und zweiseitiger Übereinkünfte zu fördern und dadurch einen Beitrag dazu zu leisten, dass die hohe Qualität und die Art der Herstellung der Erzeugnisse als ein Faktor anerkannt werden, der ihnen einen Mehrwert verleiht.

(27) Die Union führt Verhandlungen über internationale Abkommen, unter anderem über solche betreffend den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, mit ihren Handelspartnern. Zur leichteren Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit über die so geschützten Namen und insbesondere zur Gewährleistung des Schutzes und der Kontrolle der jeweiligen Verwendung dieser Namen können die Namen in das Register der [g. U.] und der [g. g. A.] eingetragen werden. Die Namen sollten in das Register als [g. g. A.] eingetragen werden, es sei denn, sie werden in diesen internationalen Abkommen ausdrücklich als Ursprungsbezeichnungen geführt.“

5 Der zu Titel I („Allgemeine Bestimmungen“) der Verordnung Nr. 1151/2012 gehörende Art. 1 („Ziele“) lautet:

„(1) Ziel dieser Verordnung ist es, die Erzeuger von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln dabei zu unterstützen, Käufer und Verbraucher über die Produkteigenschaften und Bewirtschaftungsmerkmale dieser Erzeugnisse und Lebensmittel zu unterrichten, und dabei Folgendes zu gewährleisten:

a) einen fairen Wettbewerb für Landwirte und Erzeuger von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit wertsteigernden Merkmalen und Eigenschaften,

b) die Verfügbarkeit zuverlässiger Informationen über diese Erzeugnisse für die Verbraucher,

c) Wahrung der Rechte des geistigen Eigentums und

d) Integrität des Binnenmarktes.

Die in dieser Verordnung festgelegten Maßnahmen sind darauf angelegt, Landwirtschafts- und Verarbeitungstätigkeiten und die Bewirtschaftungssysteme, die mit hochwertigen Erzeugnissen assoziiert werden, zu unterstützen und dadurch zur Verwirklichung der Ziele der Politik für den ländlichen Raum beizutragen.

(2) Diese Verordnung führt ‚Qualitätsregelungen‘ ein, die die Grundlage für die Festlegung und gegebenenfalls den Schutz von Namen und Angaben bieten, die insbesondere Agrarerzeugnisse bezeichnen oder beschreiben mit

a) wertsteigernden Merkmalen oder

b) wertsteigernden Eigenschaften als Folge der Anbau- oder Verarbeitungsverfahren, die bei ihrer Herstellung angewendet werden, oder als Folge des Ortes ihrer Produktion oder Vermarktung.“

6 Der zu Titel II („[g. U.] und [g. g. A.]“) der Verordnung Nr. 1151/2012 gehörende Art. 4 („Ziel“) lautet:

„Es wird eine Regelung für [g. U.] und [g. g. A.] eingeführt, um Erzeuger von Erzeugnissen mit einer Verbindung zu einem geografischen Gebiet zu unterstützen, indem

a) faire Einkünfte für die Qualität ihrer Erzeugnisse gewährleistet werden;

b) ein einheitlicher Schutz der Namen im Gebiet der Union als Recht des geistigen Eigentums gewährleistet wird;

c) die Verbraucher klare Informationen über die wertsteigernden Merkmale des Erzeugnisses erhalten.“

7 Art. 12 („Namen, Zeichen und Angaben“) der Verordnung Nr. 1151/2012 sieht in Abs. 1 vor:

„[Die g. U.] und [g. g. A.] dürfen von jedem Wirtschaftsbeteiligten verwendet werden, der ein Erzeugnis vermarktet, das der betreffenden Produktspezifikation entspricht.“

8 Art. 13 („Schutz“) der Verordnung Nr. 1151/2012 bestimmt:

„(1) Eingetragene Namen werden geschützt gegen

a) jede direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung eines eingetragenen Namens für Erzeugnisse, die nicht unter die Eintragung fallen, wenn diese Erzeugnisse mit den unter diesem Namen eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind oder wenn durch diese Verwendung das Ansehen des geschützten Namens ausgenutzt wird, auch wenn diese Erzeugnisse als Zutaten verwendet werden;

b) jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses oder der Dienstleistung angegeben ist oder wenn der geschützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie ‚Art‘, ‚Typ‘, ‚Verfahren‘, ‚Fasson‘, ‚Nachahmung‘ oder dergleichen verwendet wird, auch wenn dieses Erzeugnis als Zutat verwendet wird;

c) alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben, die sich auf Herkunft, Ursprung, Natur oder wesentliche Eigenschaften der Erzeugnisse beziehen und auf der Aufmachung oder der äußeren Verpackung, in der Werbung oder in Unterlagen zu den betreffenden Erzeugnissen erscheinen, sowie die Verwendung von Behältnissen, die geeignet sind, einen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs zu...

To continue reading

Request your trial
1 practice notes
  • Opinion of Advocate General Richard de la Tour delivered on 7 September 2023.
    • European Union
    • Court of Justice (European Union)
    • 7 September 2023
    ...de la BCE) (C‑316/19, EU:C:2020:1030, point 119 et jurisprudence citée). 29 Voir arrêt du 14 juillet 2022, Commission/Danemark (AOP Feta) (C‑159/20, EU:C:2022:561, point 75 et jurisprudence 30 Voir conclusions de l’avocate générale Ćapeta dans l’affaire Commission/Danemark (AOP Feta) (C‑159......
1 cases
  • Opinion of Advocate General Richard de la Tour delivered on 7 September 2023.
    • European Union
    • Court of Justice (European Union)
    • 7 September 2023
    ...de la BCE) (C‑316/19, EU:C:2020:1030, point 119 et jurisprudence citée). 29 Voir arrêt du 14 juillet 2022, Commission/Danemark (AOP Feta) (C‑159/20, EU:C:2022:561, point 75 et jurisprudence 30 Voir conclusions de l’avocate générale Ćapeta dans l’affaire Commission/Danemark (AOP Feta) (C‑159......

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT