MCM v Centrala studiestödsnämnden.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2022:916
Date24 November 2022
Docket NumberC-638/20
Celex Number62020CJ0638
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

24. November 2022(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freizügigkeit – Art. 45 AEUV – Gleichbehandlung – Soziale Vergünstigungen – Verordnung (EU) Nr. 492/2011 – Art. 7 Abs. 2 – Beihilfe zur Finanzierung eines Studiums in einem anderen Mitgliedstaat – Wohnsitzerfordernis – Alternative Voraussetzung einer sozialen Eingliederung für gebietsfremde Studierende – Situation eines Studierenden, der die Staatsangehörigkeit des die Unterstützung gewährenden Staates hat, aber von Geburt an in dem Staat wohnt, in dem er studiert“

In der Rechtssache C‑638/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Överklagandenämnd för studiestöd (Beschwerdestelle für Studienbeihilfen, Schweden) mit Entscheidung vom 14. Oktober 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 25. November 2020, in dem Verfahren

MCM

gegen

Centrala studiestödsnämnden

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter F. Biltgen (Berichterstatter), N. Wahl und J. Passer,

Generalanwältin: L. Medina,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– von MCM,

– der schwedischen Regierung, vertreten durch H. Eklinder, C. Meyer‑Seitz, A. Runeskjöld, M. Salborn Hodgson, R. Shahsavan Eriksson, H. Shev, J. Lundberg und O. Simonsson als Bevollmächtigte,

– der dänischen Regierung, vertreten durch J. Nymann‑Lindegren und M. Søndahl Wolff als Bevollmächtigte,

– der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch, E. Samoilova und J. Schmoll als Bevollmächtigte,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Carlin und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

– der norwegischen Regierung, vertreten durch E. S. Eikeland und T. H. Aarthun als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 7. April 2022

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 AEUV und von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1).

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen MCM und dem Centrala studiestödsnämnd (Zentralstelle für Studienbeihilfen, Schweden, im Folgenden: Zentralstelle) wegen des Anspruchs von MCM auf eine vom schwedischen Staat gewährte finanzielle Unterstützung für ein Studium in Spanien.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3 Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 sieht in seinen Abs. 1 und 2 vor:

„(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

(2) Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.“

4 Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung lautet:

„Die Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, können, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen.“

Schwedisches Recht

5 Gemäß Kapitel 3 § 23 Abs. 1 Studiestödslagen (1999:1395) (Gesetz [1999:1395] über Studienbeihilfen) hängt der Anspruch von Studierenden auf die Gewährung einer Beihilfe zur Finanzierung eines Studiums außerhalb Schwedens davon ab, dass er/sie in den letzten fünf Jahren vor Beantragung der Beihilfe für mindestens zwei Jahre ununterbrochen in Schweden gewohnt hat (im Folgenden: Wohnsitzerfordernis).

6 Die Regierung oder die von dieser benannte Behörde kann jedoch besondere Bestimmungen erlassen, die eine Ausnahme von diesem Wohnsitzerfordernis erlauben, und ergänzende Regelungen betreffend die Beihilfen vorsehen, die im Ausland Studierenden gewährt werden.

7 Daher wurde das Gesetz über Studienbeihilfen durch die Centrala studiestödsnämndens föreskrifter och allmänna råd om beviljning av studiemedel (CSNFS 2001:1) (Vorschriften und allgemeine Leitlinien für die Zentralstelle über die Bewilligung von Beihilfen zur Finanzierung eines Studiums [CSNFS 2001:1], im Folgenden: Vorschriften und allgemeine Leitlinien für die Zentralstelle) präzisiert. Diese Vorschriften und allgemeinen Leitlinien bestimmen in Kapitel 12 § 6, dass das Wohnsitzerfordernis von Kapitel 3 § 23 des Gesetzes über Studienbeihilfen keine Anwendung auf Personen findet, die diese Voraussetzung zum Beginn ihres Auslandsstudiums erfüllten, dabei eine Studienbeihilfe im Sinne dieses Gesetzes oder ein Stipendium für Doktoranden erhielten und ihr Studium ohne Unterbrechung fortsetzen, wobei sie weiterhin diese Unterstützung erhalten. Kapitel 12 § 6a sieht vor, dass das Wohnsitzerfordernis auch auf schwedische Staatsangehörige, die sich wegen Krankheit im Ausland aufhalten, keine Anwendung findet, wenn sie zuvor in Schweden gewohnt haben. Schließlich führt Kapitel 12 § 6b aus, dass die Studienbeihilfe auch Studierenden, die das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllen, gewährt werden kann, wenn außergewöhnliche Gründe dies rechtfertigen.

8 Die Zentralstelle gewährt in besonderen Fällen, in denen sie das Wohnsitzerfordernis für mit dem Unionsrecht unvereinbar hält, eine Ausnahme von diesem, verlangt dann aber eine gesellschaftliche Anbindung des/der Begünstigten an Schweden. Daher heißt es in den Centrala studiestödsnämndens rättsliga ställningstaganden dnr 2013‑113‑9290 samt dnr 2014‑112‑8426 (Interne Dienstanweisungen Nr. 2013‑113‑9290 und Nr. 2014‑112‑8426 der Zentralstelle für Studienbeihilfen), dass die Zentralstelle das...

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