Prestige and Limousine, S.L. v Área Metropolitana de Barcelona and Others.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2023:448
Date08 June 2023
Docket NumberC-50/21
Celex Number62021CJ0050
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

8. Juni 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 49 AEUV – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Dienstleistung der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer (Funkmietwagen) – Genehmigungsregelung, die voraussetzt, dass zusätzlich zu einer Genehmigung, die die Erbringung von örtlichen und überörtlichen Beförderungsdiensten im gesamten Inland gestattet, eine zweite Betriebslizenz erteilt wird, um städtische Beförderungsdienste in einem Stadtgebiet erbringen zu können – Begrenzung der Anzahl der Lizenzen für Funkmietwagendienste auf ein Dreißigstel der Anzahl der Lizenzen für Taxidienste“

In der Rechtssache C‑50/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Cataluña (Obergericht Katalonien, Spanien) mit Entscheidung vom 19. Januar 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Januar 2021, in dem Verfahren

Prestige and Limousine SL

gegen

Área Metropolitana de Barcelona,

Asociación Nacional del Taxi (Antaxi),

Asociación Profesional Élite Taxi,

Sindicat del Taxi de Catalunya (STAC),

Tapoca VTC1 SL,

Agrupació Taxis Companys

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Prestige and Limousine SL, vertreten durch F. de B. Carvajal Borrero und P. S. Soto Baselga, Abogados,

– der Área Metropolitana de Barcelona, vertreten durch M. Borrás Ribó, Abogada,

– der Asociación Nacional del Taxi (Antaxi), vertreten durch J. M. Baño Fos, J. M. Baño León, E. Llopis Reyna und A. Pascual Morcillo, Abogados,

– der Asociación Profesional Élite Taxi, vertreten durch M. J. Fontquerni Bas, Procurador, und M. Vilar Cuesta, Abogado,

– der Tapoca VTC1 SL, vertreten durch J. A. Díez Herrera und J. L. Ortega Gaspar, Abogados,

– der Agrupació Taxis Companys, vertreten durch A. Canals Compan, Abogado,

– der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz und S. Jiménez García als Bevollmächtigte,

– der tschechischen Regierung, vertreten durch T. Machovičová, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Armati, É. Gippini Fournier, P. Němečková und J. Rius Riu als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Dezember 2022

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 und Art. 107 Abs. 1 AEUV.

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den die Prestige and Limousine SL (im Folgenden: P&L), die Dienstleistungen der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer (im Folgenden: Funkmietwagendienste) anbietet, u. a. gegen die Área Metropolitana de Barcelona (Großraum Barcelona, Spanien) (im Folgenden: GB) führt. Der Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Gültigkeit einer Regelung des GB, wonach der Erwerb einer Lizenz erforderlich ist, um im Großraum Barcelona Funkmietwagendienste anzubieten, und die Anzahl der Lizenzen für Funkmietwagendienste auf ein Dreißigstel der für diesen Großraum gewährten Anzahl der Lizenzen für Taxidienste begrenzt ist.

Spanisches Recht

LOTT

3 Art. 43 Abs. 1 Buchst. g der Ley 16/1987 de Ordenación de los Transportes Terrestres (Gesetz 16/1987 über die Organisation des Landverkehrs) vom 30. Juli 1987 (BOE Nr. 182 vom 31. Juli 1987, S. 23451) in der durch das Real Decreto-ley 3/2018 vom 20. April 2018 (BOE Nr. 97 vom 21. April 2018, S. 41051) geänderten Fassung (im Folgenden: LOTT) lautet:

„Die Erteilung der Genehmigung für den öffentlichen Verkehr setzt voraus, dass das antragstellende Unternehmen nachweist, dass es im Einklang mit den Regelungen folgende Bedingungen erfüllt:

g) gegebenenfalls in Bezug auf die betreffende Beförderungskategorie die übrigen spezifischen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Erbringung der Dienste, die unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Nichtdiskriminierung durch Verordnung festgelegt werden.“

4 Art. 48 Abs. 1 bis 3 LOTT bestimmt:

„(1) Die Erteilung der Genehmigungen für den öffentlichen Verkehr ist geregelt, weshalb sie nur verweigert werden kann, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

(2) Nach den unionsrechtlichen Vorschriften und weiteren gegebenenfalls anwendbaren Bestimmungen können jedoch, wenn die Erbringung öffentlicher Personenbeförderungen mit Personenkraftwagen regional oder örtlich quantitativen Beschränkungen unterliegt, durch Verordnung Beschränkungen für die Erteilung sowohl neuer Genehmigungen für die überörtliche Beförderung mit dieser Fahrzeugart als auch der Genehmigungen für die Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer festgelegt werden.

(3) Unbeschadet des vorstehenden Absatzes ist zur Aufrechterhaltung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen beiden angebotenen Beförderungsarten die Erteilung neuer Genehmigungen für die Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer zu verweigern, wenn die Anzahl der bestehenden Genehmigungen im Gebiet der Autonomen Gemeinschaft, in der sie erteilt werden sollen, in einem Verhältnis von mehr als 1 : 30 zur Anzahl der im selben Gebiet erteilten Genehmigungen für die Beförderung von Personen in Personenkraftwagen steht.

Die Autonomen Gemeinschaften, die im Auftrag des Staates Zuständigkeiten im Bereich der Genehmigung der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer übernommen haben, können jedoch die im vorstehenden Unterabsatz genannte Proportionalitätsregel ändern, sofern die von ihnen angewandte Regel weniger restriktiv ist als diese.“

5 Art. 91 LOTT sieht vor:

„(1) Die Genehmigungen in Bezug auf die öffentliche Personenbeförderung berechtigen zur Erbringung von Diensten im gesamten Staatsgebiet, ohne jegliche Einschränkung hinsichtlich des Abfahrts- oder des Zielorts.

Davon ausgenommen sind sowohl die Genehmigungen für die Durchführung der überörtlichen Personenbeförderungen mit Personenkraftwagen als auch die Genehmigungen für die Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer, die die Voraussetzungen erfüllen müssen, die gegebenenfalls durch Verordnung für den Abfahrtsort, den Zielort oder die Fahrtstrecke der Dienste festgelegt werden.

(2) Unbeschadet der Tatsache, dass nach dem vorstehenden Absatz Genehmigungen für die Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer zur Erbringung von Diensten im gesamten Staatsgebiet berechtigen, ohne jegliche Einschränkung hinsichtlich des Abfahrts- oder des Zielorts, müssen die Fahrzeuge, die zur Ausübung dieser Tätigkeit eingesetzt werden, gewöhnlich für die Erbringung von Dienstleistungen verwendet werden, die der Erfüllung von Bedürfnissen im Zusammenhang mit dem Gebiet der Autonomen Gemeinschaft, für das die jeweilige Genehmigung erteilt wird, dienen sollen.

…“

ROTT

6 Art. 181 Abs. 1 des Real Decreto 1211/1990 por el que se aprueba el Reglamento de la Ley de Ordenación de los Transportes Terrestres (Königliches Dekret 1211/1990 zur Durchführung des Gesetzes über die Organisation des Landverkehrs) vom 28. September 1990 (BOE Nr. 241 vom 8. Oktober 1990, S. 29406) in der durch das Real Decreto-Ley 1057/2015 vom 20. November 2015 (BOE Nr. 279 vom 21. November 2015, S. 109832) und das Real Decreto-Ley 3/2018 geänderten Fassung (im Folgenden: ROTT) lautet:

„Die Erteilung von Genehmigungen zur Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer setzt voraus, dass der Antragsteller alle in Art. 43 Abs. 1 LOTT bestimmten Voraussetzungen gemäß den im folgenden Absatz enthaltenen Vorgaben erfüllt.“

7 Art. 182 Abs. 1 bis 3 ROTT bestimmt:

„(1) Fahrzeuge, die unter die Genehmigungen zur Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrern fallen und mit Personen besetzt sind, die nicht zu dem Unternehmen gehören, dem die Genehmigung erteilt wurde, dürfen nur dann fahren, wenn nachgewiesen ist, dass sie eine zuvor bestellte Dienstleistung erbringen.

Zu diesem Zweck muss der Vertrag über die Anmietung eines Fahrzeugs mit Fahrer vor Beginn der Erbringung der bestellten Dienstleistung vervollständigt worden sein und die Dokumente, die diesen Vertrag belegen, sind gemäß den Vorgaben des Ministeriums für Infrastrukturen und Verkehr im Fahrzeug mitzuführen.

Fahrzeuge, die unter die Genehmigungen für die Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer fallen, dürfen keinesfalls auf der Suche nach Kunden auf öffentlichen Straßen fahren oder versuchen, Kunden, die die Dienstleistung noch nicht bestellt haben, zu werben, indem sie zu diesem Zweck geparkt bleiben.

(2) Genehmigungen für die Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer gestatten die Erbringung von Dienstleistungen im gesamten Inland sowohl im städtischen als auch im überörtlichen Verkehr, sofern das Fahrzeug zuvor gemäß den Bestimmungen des vorangegangenen Absatzes gemietet wurde.

(3) Gemäß [Art. 17 Abs. 1 und Art.] 18 LOTT sind die Tarife für die Tätigkeit der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer nicht reguliert, aber die betreffenden Unternehmen müssen der Öffentlichkeit Informationen über die angewandten Preise zur Verfügung stellen.“

Funkmietwagen-Erlass

8 Art. 1 („Genehmigungspflicht“) der Orden FOM/36/2008 por la que se desarrolla la sección segunda del capítulo IV del título V, en materia de arrendamiento de vehículos con conductor, del Reglamento de la Ley de Ordenación de los Transportes Terrestres, aprobado por Real Decreto 1211/1990, de 28 de septiembre (Erlass FOM/36/2008 zur Durchführung von Titel V Kapitel IV Abschnitt 2 über den Bereich der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer der Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Organisation des Landverkehrs, angenommen durch den Königlichen Erlass 1211/1990) vom 9. Januar 2008 (BOE Nr. 19 vom 22. Januar...

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