Urteile nº T-13/99 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, September 11, 2002

Resolution DateSeptember 11, 2002
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-13/99

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

11. September 2002(1) „Übertragung der Antibiotikaresistenz vom Tier auf den Menschen - Richtlinie 70/524/EWG - Verordnung über den Widerruf der Zulassung eines Zusatzstoffs in der Tierernährung - Zulässigkeit - Artikel 11 der Richtlinie 70/524/EWG - Offensichtlicher Beurteilungsfehler - Vorsorgegrundsatz - Risikobewertung und -management - Anhörung eines wissenschaftlichen Ausschusses - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - Berechtigtes Vertrauen - Begründungspflicht - Eigentumsrecht - Ermessensmissbrauch“

In der Rechtssache T-13/99

Pfizer Animal Health SA mit Sitz in Louvain-la-Neuve (Belgien), Prozessbevollmächtigte: I. S. Forrester, QC, M. Powell, Solicitor, E. Wright, Barrister, und Rechtsanwalt W. van Lembergen, beauftragt durch S. J. Gale-Batten, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

unterstützt durch

Asociación nacional de productores de ganado porcino (Anprogapor) mit Sitz in Madrid (Spanien)

und

Asociación española de criadores de vacuno de carne (Asovac) mit Sitz in Barcelona (Spanien),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Folguera Crespo, A. Gutiérrez Hernández, J. Massaguer Fuentes und E. Navarro Varona, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

sowie durch

Fédération européenne de la santé animale (Fedesa) mit Sitz in Brüssel (Belgien)

und

Fédération européenne des fabricants d'adjuvants pour la nutrition animale (Fefana) mit Sitz in Brüssel,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Waelbroeck und D. Brinckman, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferinnen,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Carbery, M. Sims und F. P. Ruggeri Laderchi als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Oliver, T. Christoforou und K. Fitch als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich Dänemark, vertreten durch J. Molde, N. Holst-Christensen und S. Ryom als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich Schweden, vertreten durch A. Kruse und L. Nordling als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Republik Finnland, vertreten durch H. Rotkirch, T. Pynnä und E. Bygglin als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch R. Magrill als Bevollmächtigte im Beistand von M. Hoskins, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 2821/98 des Rates vom 17. Dezember 1998 zur Änderung - hinsichtlich des Widerrufs der Zulassung bestimmter Antibiotika - der Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der Tierernährung (ABl. L 351, S. 4) erlässtDAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richter K. Lenaerts und M. Jaeger,

Kanzler: F. Erlbacher, Referent

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2001,

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

I - Beitrittsakte

1.
Artikel 151 Absatz 1 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, im Folgenden: Beitrittsakte) bestimmt:

„Die in Anhang XV aufgeführten Rechtsakte gelten für die neuen Mitgliedstaaten unter den in jenem Anhang festgelegten Bedingungen.“

2.
Nach Anhang XV Nummer VII E 1 Absatz 4 der Beitrittsakte konnte das Königreich Schweden seine vor dem Beitritt geltenden Rechtsvorschriften bis zum 31. Dezember 1998 hinsichtlich der Einschränkung bzw. des Verbots der Verwendung in der Tierernährung von zur Gruppe der Antibiotika gehörenden Zusatzstoffen beibehalten. Vor diesem Zeitpunkt „wird nach dem Verfahren des Artikel[s] 7 der Richtlinie 70/524/EWG über die Anpassungsanträge des Königreichs Schweden entschieden; diesen Anträgen wird eine eingehende wissenschaftliche Begründung beigefügt“.

II - Gemeinschaftliche Regelung der Zusatzstoffe in der Tierernährung

A - Allgemeine Darstellung

3.
Am 23. November 1970 erließ der Rat die Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der Tierernährung (ABl. L 270, S. 1). Diese Richtlinie enthält die gemeinschaftliche Regelung der Zulassung und des Widerrufs der Zulassung von Zusatzstoffen in der Tierernährung.

4.
Die Richtlinie 70/524 wurde mehrfach geändert und ergänzt. Insbesondere wurde sie durch die Richtlinie 84/587/EWG des Rates vom 29. November 1984 (ABl. L 319, S. 13) und durch die Richtlinie 96/51/EG des Rates vom 23. Juli 1996 (ABl. L 235, S. 39) wesentlich geändert. Ergänzt wurde sie vor allem durch die unten in den Randnummern 24 bis 26 und 28 genannten Beschlüsse.

5.
Mit der Richtlinie 96/51 trat eine neue Regelung der Zulassung und des Widerrufs der Zulassung von Zusatzstoffen in der Tierernährung (im Folgenden: neue Regelung) an die Stelle der bis dahin geltenden Regelung (im Folgenden: ursprüngliche Regelung).

6.
Um den Übergang von der ursprünglichen Regelung zu der am 1. Oktober 1999 in Kraft getretenen neuen Regelung zu ermöglichen, sah die Richtlinie 96/51 eine Regelung vor, die bereits vom 1. April 1998 an für bestimmte nach der ursprünglichen Regelung zugelassene Zusatzstoffe, darunter Antibiotika, galt (im Folgenden: Übergangsregelung). Zu diesem Zweck mussten die Mitgliedstaaten nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 96/51 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen, um bestimmten Vorschriften dieser Richtlinie bis spätestens 1. April 1998 nachzukommen.

B - Definition des Begriffes der Zusatzstoffe in der Tierernährung

7.
Im Rahmen der ursprünglichen Regelung wurden Zusatzstoffe in Artikel 2 der Richtlinie 70/524 in der Fassung der Richtlinie 84/587 definiert als „Stoffe ..., die geeignet sind, bei Verwendung in Futter[mitteln] deren Beschaffenheit oder die tierische Erzeugung zu beeinflussen“.

8.
Nach der dritten Begründungserwägung der Richtlinie 96/51 erschien es notwendig, im Rahmen der neuen Regelung zu unterscheiden zwischen „Zusatzstoffen, die von jedermann ohne besonderes Risiko für die Herstellung von Futtermitteln verwendet werden“, und „technisch hoch entwickelten Zusatzstoffen, deren Zusammensetzung ganz genau festgelegt ist und deren Zulassung daher an [einen] für das Inverkehrbringen Verantwortlichen gebunden werden muss, damit das Inverkehrbringen von Nachahmungsprodukten vermieden wird, die nicht immer vorschriftsmäßig hergestellt und daher nicht immer unbedenklich sind“. Diese Unterscheidung wird in Artikel 2 der Richtlinie 70/524 in der Fassung des Artikels 1 Nummer 3 Buchstabe i der Richtlinie 96/51 vorgenommen. Nach diesem Artikel 2 sind

„a) .Zusatzstoffe‘: Stoffe oder Zubereitungen, die in der Tierernährung verwendet werden, um

- die Beschaffenheit der Futtermittel-Ausgangserzeugnisse oder der Mischfuttermittel oder der tierischen Erzeugnisse günstig zu beeinflussen oder

- den Ernährungsbedarf der Tiere zu decken oder die tierische Erzeugung insbesondere durch Einwirkung auf die Magen- und Darmflora oder die Verdaulichkeit der Futtermittel zu verbessern,

- die Ernährung in der Weise anzureichern, dass sich besondere Ernährungszwecke erreichen oder spezifische zeitweilige ernährungsphysiologische Bedürfnisse der Tiere befriedigen lassen, oder

- Belästigungen durch Ausscheidungen von Tieren zu verhindern oder zu verringern oder die Umwelt der Tiere zu verbessern;

aa) .Mikroorganismen‘: kolonienbildende Mikroorganismen;

aaa) .Zusatzstoffe, deren Zulassung an einen für das Inverkehrbringen Verantwortlichen gebunden ist‘: die in Anhang C Teil I aufgeführten Zusatzstoffe;

aaaa) .sonstige Zusatzstoffe‘: Zusatzstoffe, deren Zulassung nicht an einen für das Inverkehrbringen Verantwortlichen gebunden ist und die in Anhang C Teil II aufgeführt sind“.

9.
Nach Anhang C der Richtlinie 70/524, der durch Artikel 1 Nr. 20 der Richtlinie 96/51 angefügt wurde, gehören alle Zusatzstoffe der Gruppe der Antibiotika und der Gruppe der Wachstumsförderer zu der in Artikel 2 Buchstabe aaa) genannten Kategorie von Zusatzstoffen, so dass ihre Zulassung an einen für das Inverkehrbringen Verantwortlichen gebunden ist.

C - Regelung der Zulassung und des Widerrufs der Zulassung von Antibiotika als Zusatzstoffe in der Tierernährung

1. Regelung der Zulassung von Zusatzstoffen

10.
Im Rahmen der ursprünglichen Regelung bestimmte Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 70/524, aufgehoben durch die Richtlinie 96/51: „Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass im Rahmen der Tierernährung nur die in Anhang I genannten und dieser Richtlinie entsprechenden Zusatzstoffe auf den Markt gebracht werden und in Futtermitteln nur unter den in diesem Anhang aufgeführten Bedingungen enthalten sein dürfen ...“ Im Übrigen konnten die Mitgliedstaaten nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 70/524, aufgehoben durch die Richtlinie 96/51, abweichend von Artikel 3 Absatz 1 unter bestimmten in der Richtlinie 70/524 genannten Voraussetzungen in ihrem Gebiet die in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführten Zusatzstoffe zum Inverkehrbringen und zum Gebrauch zulassen.

11.
Im Rahmen der neuen Regelung (Artikel 3 der Richtlinie 70/524 in der Fassung der Richtlinie 96/51) dürfen nur solche Zusatzstoffe in den Verkehr gebracht werden, für die durch Verordnung der Kommission eine gemeinschaftliche Zulassung erteilt worden ist. Nach dem neuen Artikel 3a der Richtlinie 70/524 wird diese Zulassung eines Zusatzstoffs u. a. gewährt, sofern

„...

e) er [nicht] aus schwerwiegenden Gründen, die die menschliche oder tierische Gesundheit betreffen, ... der ärztlichen oder tierärztlichen Anwendung vorbehalten bleiben muss“.

12.
Artikel 4 der Richtlinie 70/524 in der Fassung der Richtlinie 96/51 bestimmt das Verfahren für die Erteilung einer gemeinschaftlichen Zulassung eines Zusatzstoffs nach der neuen wie nach der...

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