Skatteverket contra Sögård Fastigheter AB.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2020:964
Docket NumberC-787/18
Celex Number62018CJ0787
Date26 November 2020
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

26. November 2020(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Nationale Regelung, die die Berichtigung von Vorsteuerabzügen durch einen anderen als den Steuerpflichtigen vorsieht, der den Abzug ursprünglich vorgenommen hat – Verkauf einer Immobilie durch eine Gesellschaft an Privatpersonen, wobei diese Immobilie von dieser Gesellschaft sowie der Gesellschaft, die früher Eigentümerin war, vermietet worden war – Zweck der Mehrwertsteuerpflicht beim Verkauf der Immobilie an Privatpersonen“

In der Rechtssache C‑787/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 3. Dezember 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 2018, in dem Verfahren

Skatteverket

gegen

Sögård Fastigheter AB

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Kumin (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz und P. G. Xuereb,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– des Skatteverk, vertreten durch T. Johansson als Bevollmächtigten,

– der Sögård Fastigheter AB, vertreten durch C. Rosén, Generaldirektor,

– der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Simonsson, L. Lozano Palacios, E. Ljung Rasmussen und G. Tolstoy als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 19, 188 und 189 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, sowie Berichtigungen in ABl. 2007, L 335, S. 60, und ABl. 2017, L 336, S. 60, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skatteverk (Finanzbehörde, Schweden) und der Sögård Fastigheter AB hinsichtlich der Berichtigung eines Vorsteuerabzugs, der zuvor von einem anderen Steuerpflichtigen vorgenommen wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrechtliche Vorschriften

3 Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können Personen als Steuerpflichtige betrachten, die gelegentlich …

a) [die] Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden [ausüben], wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt“.

4 Art. 19 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln [können], als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen [können]“.

5 Art. 135 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

j) Lieferung von anderen Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden als den in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe a genannten;

l) Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.“

6 Art. 137 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten können ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen, sich bei folgenden Umsätzen für eine Besteuerung zu entscheiden:

b) Lieferung von anderen Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden als den in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe a genannten;

d) Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.

(2) Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten für die Inanspruchnahme des Wahlrechts nach Absatz 1 fest.

Die Mitgliedstaaten können den Umfang dieses Wahlrechts einschränken.“

7 Art. 168 Buchst. a dieser Richtlinie bestimmt:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden“.

8 Art. 184 dieser Richtlinie lautet:

„Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird berichtigt, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.“

9 In Art. 185 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Die Berichtigung erfolgt insbesondere dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten.“

10 Art. 186 dieser Richtlinie sieht vor, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … die Einzelheiten für die Anwendung der Artikel 184 und 185 [festlegen].“

11 Art. 187 dieser Richtlinie lautet wie folgt:

„(1) Bei Investitionsgütern erfolgt die Berichtigung während eines Zeitraums von fünf Jahren einschließlich des Jahres, in dem diese Güter erworben oder hergestellt wurden.

Die Mitgliedstaaten können jedoch für die Berichtigung einen Zeitraum von fünf vollen Jahren festlegen, der mit der erstmaligen Verwendung dieser Güter beginnt.

Bei Grundstücken, die als Investitionsgut erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf 20 Jahre verlängert werden.

(2) Die jährliche Berichtigung betrifft nur ein Fünftel beziehungsweise im Falle der Verlängerung des Berichtigungszeitraums den entsprechenden Bruchteil der Mehrwertsteuer, mit der diese Investitionsgüter belastet waren.

Die in Unterabsatz 1 genannte Berichtigung erfolgt entsprechend den Änderungen des Rechts auf Vorsteuerabzug, die in den folgenden Jahren gegenüber dem Recht für das Jahr eingetreten sind, in dem die Güter erworben, hergestellt oder gegebenenfalls erstmalig verwendet wurden.“

12 Art. 188 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„(1) Bei der Lieferung eines Investitionsgutes innerhalb des Berichtigungszeitraums ist dieses so zu behandeln, als ob es bis zum Ablauf des Berichtigungszeitraums weiterhin für eine wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen verwendet worden wäre.

Diese wirtschaftliche Tätigkeit gilt als in vollem Umfang steuerpflichtig, wenn die Lieferung des Investitionsgutes steuerpflichtig ist.

Die wirtschaftliche Tätigkeit gilt als in vollem Umfang steuerfrei, wenn die Lieferung des Investitionsgutes steuerfrei ist.

(2) Die in Absatz 1 genannte Berichtigung wird für den gesamten noch verbleibenden Berichtigungszeitraum auf einmal vorgenommen. Ist die Lieferung des Investitionsgutes steuerfrei, können die Mitgliedstaaten jedoch von der Berichtigung absehen, wenn es sich bei dem Erwerber um einen Steuerpflichtigen handelt, der die betreffenden Investitionsgüter ausschließlich für Umsätze verwendet, bei denen die Mehrwertsteuer abgezogen werden kann.“

13 Art. 189 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke der Artikel 187 und 188 können die Mitgliedstaaten folgende Maßnahmen treffen:

a) den Begriff ‚Investitionsgüter‘ definieren;

b) den Betrag der Mehrwertsteuer festlegen, der bei der Berichtigung zu berücksichtigen ist;

c) alle zweckdienlichen Vorkehrungen treffen, um zu gewährleisten, dass keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Berichtigung entstehen;

d) verwaltungsmäßige Vereinfachungen ermöglichen.“

14 Art. 193 dieser Richtlinie legt fest:

„Die Mehrwertsteuer schuldet der Steuerpflichtige, der Gegenstände steuerpflichtig liefert oder eine Dienstleistung steuerpflichtig erbringt, außer in den Fällen, in denen die Steuer gemäß den Artikeln 194 bis 199 sowie 202 von einer anderen Person geschuldet wird.“

Schwedisches Recht

Bestimmungen über die obligatorische und die optionale Besteuerung

15 Gemäß § 2 in Kapitel 3 des Mervärdesskattelag (1994:200) (Gesetz 1994:200 über die Mehrwertsteuer) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) sind Umsätze der Übertragung und der Vermietung von Immobilien mit gewissen Einschränkungen von der Mehrwertsteuer befreit.

16 Der Eigentümer einer Immobilie, der ein Gebäude, das eine Immobilie darstellt, zur dauerhaften Nutzung im Rahmen einer steuerpflichtigen Tätigkeit vollständig oder teilweise vermietet, kann sich jedoch gemäß § 3 in Kapitel 3 sowie § 1 in Kapitel 9 dieses Gesetzes für eine Besteuerung dieser Vermietung entscheiden.

17 Im Fall der Veräußerung dieser Immobilie sieht § 5 in Kapitel 9 des Mehrwertsteuergesetzes vor, dass die optionale Besteuerung ab dem Tag der Übergabe auf den neuen Eigentümer übergeht und dass Letzterer hinsichtlich aller gesetzlichen Rechte und Pflichten an die Stelle des früheren Eigentümers tritt.

18 Gemäß § 6 in Kapitel 9 des Mehrwertsteuergesetzes muss die Steuerbehörde beschließen, dass die optionale Besteuerung der Vermietung mit der Übergabe endet, wenn der frühere und der neue Eigentümer dies vor dem Tag der Übergabe gemeinsam beantragen. Die optionale Besteuerung endet ferner, wenn der Eigentümer der Immobilie dazu übergeht, diese zu einem anderen Zweck als der steuerpflichtigen Vermietung zu nutzen, oder wenn die Immobilie wegen eines Brandes oder einer anderen Ursache, die der Eigentümer nicht zu vertreten hat, oder weil sie abgerissen wurde, nicht länger vermietet werden kann.

Bestimmungen über den Vorsteuerabzug und die Berichtigung des Abzugs

19 Gemäß § 6 in Kapitel 8 des Mehrwertsteuergesetzes beträgt der Berichtigungszeitraum für als Investitionsgüter erworbene Immobilien zehn Jahre.

20 Die §§ 7 und 8 in Kapitel 8 des Mehrwertsteuergesetzes sehen vor, dass bei der Veräußerung von Investitionsgütern der Vorsteuerabzug einmalig berichtigt wird. Bei der Berechnung des Berichtigungsbetrags wird der zu berichtigende Abzug auf den gesamten...

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