Urteile nº T-76/94 of TGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, January 31, 2001

Resolution DateJanuary 31, 2001
Issuing OrganizationTGericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
Decision NumberT-76/94

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

31. Januar 2001 (1) „Schadensersatzklage - Außervertragliche Haftung - Milch - Zusatzabgabe - Referenzmenge - Erzeuger, der eine Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen ist - Verkauf des SLOM-Betriebs - Verjährung“

In der Rechtssache T-76/94

Rendert Jansma, wohnhaft in Engelbert (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte E. H. Pijnacker Hordijk und H. J. Bronkhorst, Amsterdam, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts L. Frieden, 62, avenue Guillaume, Luxemburg,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A.-M. Colaert, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: E. Uhlmann, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,

und

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater T. van Rijn als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt H.-J. Rabe, Hamburg und Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

wegen Ersatzes des Schadens gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 235 EG und 288 Absatz 2 EG), der dem Kläger dadurch entstanden ist, dass er aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung an der Vermarktung von Milch gehindert war,

erlässtDAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili sowie der Richter R. M. Moura Ramos und P. Mengozzi,

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2000,

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1.
Angesichts eines Überschusses bei der Milcherzeugung in der Gemeinschaft erließ der Rat 1977 die Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 vom 17. Mai 1977 zurEinführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1). In dieser Verordnung wurde den Erzeugern die Möglichkeit geboten, gegen Erhalt einer Prämie für einen Zeitraum von fünf Jahren eine Verpflichtung zur Nichtvermarktung oder Umstellung der Bestände einzugehen.

2.
Obwohl viele Erzeuger solche Verpflichtungen eingingen, bestand die Überproduktion auch 1983 fort. Der Rat erließ daher die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 vom 31. März 1984 (ABl. L 90, S. 10) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148, S. 13). Durch den neuen Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 wurde eine „Zusatzabgabe“ auf die von den Erzeugern gelieferten Milchmengen eingeführt, die über eine „Referenzmenge“ hinausgingen.

3.
In der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) wurde für jeden Erzeuger auf der Grundlage der in einem Referenzjahr - dem Kalenderjahr 1981, wobei die Mitgliedstaaten die Möglichkeit hatten, stattdessen das Kalenderjahr 1982 oder das Kalenderjahr 1983 zu wählen - gelieferten Erzeugung die Referenzmenge festgesetzt. Das Königreich der Niederlande wählte das Kalenderjahr 1983 als Referenzjahr.

4.
Die von einigen Erzeugern im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtungen galten auch während der gewählten Referenzjahre. Da diese Erzeuger während dieser Jahre keine Milch erzeugt hatten, konnten sie keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten.

5.
Mit Urteilen vom 28. April 1988 in den Rechtssachen 120/86 (Mulder, Slg. 1988, 2321; im Folgenden: Urteil Mulder I) und 170/86 (von Deetzen, Slg. 1988, 2355) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung wegen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes für ungültig.

6.
Um den genannten Urteilen nachzukommen, erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 764/89 vom 20. März 1989 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 84, S. 2). Nach dieser Änderungsverordnung erhielten die Erzeuger, die Nichtvermarktungsverpflichtungen eingegangen waren, eine (auch „Quote“ genannte) „spezifische“ Referenzmenge.

7.
Die Zuteilung der spezifischen Referenzmenge war von mehreren Voraussetzungen abhängig. Nach Artikel 3a Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 der Kommission vom 3. Juni 1988 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 139, S. 12) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1033/89 der Kommission vom 20. April 1989 (ABl. L 110, S. 27) war der Antrag auf Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge „vom Erzeuger bei der vom Mitgliedstaat benannten zuständigen Stelle ... zu stellen, sofern er nachweisen kann, dass er den zum Zeitpunkt ... seines Prämienantrags ... verwalteten Betrieb noch ganz oder teilweise bewirtschaftet“.

8.
Andere Voraussetzungen, die sich insbesondere auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Nichtvermarktungsverpflichtung bezogen, wurden vom Gerichtshof mit Urteilen vom 11. Dezember 1990 in den Rechtssachen C-189/89 (Spagl, Slg. 1990, I-4539) und C-217/89 (Pastätter, Slg. 1990, I-4585) für ungültig erklärt.

9.
Im Anschluss an diese Urteile erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 vom 13. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 150, S. 35), mit der die für ungültig erklärten Voraussetzungen gestrichen wurden, damit den betroffenen Erzeugern eine spezifische Referenzmenge zugeteilt werden konnte.

10.
Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061; im Folgenden: Urteil Mulder II) entschied der Gerichtshof, dass die Gemeinschaft für die Schäden haftet, die bestimmte Milcherzeuger, die durch die Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 an der Vermarktung von Milch gehindert waren, erlitten hatten, weil sie Verpflichtungen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangen waren.

11.
Im Anschluss an dieses Urteil veröffentlichten der Rat und die Kommission am 5. August 1992 die Mitteilung 92/C 198/04 (ABl. C 198, S. 4). Unter Hinweis auf die Auswirkungen des Urteils Mulder II und um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten, brachten die Organe ihren Willen zum Ausdruck, die praktischen Modalitäten für die Entschädigung der betroffenen Erzeuger zu erlassen. Die Organe verpflichteten sich, bis zum Erlass dieser Modalitäten gegenüber allen entschädigungsberechtigten Erzeugern von der Geltendmachung der Verjährung gemäß Artikel 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes abzusehen. Die Verpflichtung war jedoch an die Bedingung geknüpft, dass der Entschädigungsanspruch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Mitteilung oder zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Erzeuger an eines der Organe gewandt hatte, noch nicht verjährt war.

12.
Später erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6). Mit dieser Verordnung wird den Erzeugern, die eine endgültige Referenzmenge erhalten haben, ein pauschaler Ersatz für die Schädenangeboten, die sie aufgrund der Anwendung der im Urteil Mulder II genannten Regelung erlitten haben.

13.
Mit Urteil vom 27. Januar 2000 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 2000, I-203) entschied der Gerichtshof über die Höhe der von den Klägern verlangten Entschädigung.

Sachverhalt

14.
Der Kläger ist Milcherzeuger in den Niederlanden. Da er im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eine Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen war, die am 15. Dezember 1984 endete, erzeugte er in dem aufgrund der Verordnung Nr. 857/84 festgelegten Referenzjahr keine Milch. Infolgedessen erhielt er nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung keine Referenzmenge.

15.
Der Kläger kaufte 1983, vor Ablauf seiner Verpflichtung, den von ihm gepachteten Betrieb und erwarb Jungvieh, um die Milcherzeugung 1984 wieder aufnehmen zu können.

16.
Nach Ablauf dieser Verpflichtung begann der Kläger wieder mit der Milcherzeugung. Da er jedoch keine Referenzmenge erhielt, musste er in den Wirtschaftsjahren 1985/1986 und 1986/1987 die Zusatzabgabe zahlen.

17.
Am 2. März 1987 musste er seinen Betrieb verkaufen.

18.
1989 kaufte er nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89 einen Betrieb in Groningen (Niederlande) und nahm dort die Milcherzeugung wieder auf.

19.
Mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 31. März 1989 teilten der Kläger und 351 andere im Allgemeinen als SLOM-Erzeuger bezeichnete und im Anhang dieses Schreibens aufgeführte Personen, die in Erfüllung einer Verpflichtung gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 im Referenzjahr keine Milch geliefert hatten, dem Rat und der Kommission mit, dass sie die Gemeinschaft für den Schaden verantwortlich machten, der sich aus der vom Gerichtshof im Urteil Mulder I festgestellten Ungültigkeit der Verordnung Nr. 857/84 ergebe. Die Gemeinschaftsorgane antworteten auf dieses Schreiben nicht.

20.
Am 26. Juni 1989 beantragte der Kläger die Zuteilung einer Referenzmenge gemäß der...

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