Comisión Europea contra Reino de España.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2021:512
Docket NumberC-559/19
Date24 June 2021
Celex Number62019CJ0559
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

24. Juni 2021(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Art. 258 AEUV – Geschützter Naturraum Doñana (Spanien) – Richtlinie 2000/60/EG – Ordnungsrahmen für Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich der Wasserpolitik – Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i, Art. 5 und Art. 11 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. a, c und e sowie Abs. 4 – Verschlechterung der Grundwasserkörper – Fehlen einer weitergehenden Beschreibung der Grundwasserkörper, bei denen die Gefahr einer Verschlechterung ermittelt wurde – Geeignete grundlegende und ergänzende Maßnahmen – Richtlinie 92/43/EWG – Art. 6 Abs. 2 – Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten“

In der Rechtssache C‑559/19

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 22. Juli 2019,

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch C. Hermes, E. Manhaeve und E. Sanfrutos Cano, dann durch C. Hermes, E. Manhaeve und M. Jáuregui Gómez als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien, zunächst vertreten durch L. Aguilera Ruiz, dann durch J. Rodríguez de la Rúa Puig und M-J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, des Richters M. Safjan, des Richters P. G. Xuereb in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer und des Richters N. Jääskinen (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2020,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 3. Dezember 2020

folgendes

Urteil

1 Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen zum einen aus Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. 2000, L 327, S. 1) in der durch die Richtlinie 2013/64/EU des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. 2013, L 353, S. 8) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2000/60), in Verbindung mit Art. 1 Buchst. a und Nr. 2.1.2 von Anhang V der Richtlinie 2000/60, aus Art. 5 dieser Richtlinie in Verbindung mit Nr. 2.2 von deren Anhang II und aus Art. 11 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. a, c und e sowie Abs. 4 dieser Richtlinie und zum anderen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in Verbindung mit Art. 7 dieser Richtlinie in Bezug auf die Grundwasserkörper und Lebensräume des geschützten Naturraums Doñana (Spanien).

I. Rechtlicher Rahmen

A. Richtlinie 2000/60

2 In Art. 1 der Richtlinie 2000/60 heißt es:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers zwecks

a) Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt,

womit beigetragen werden soll

– zu einer ausreichenden Versorgung mit Oberflächen- und Grundwasser guter Qualität, wie es für eine nachhaltige, ausgewogene und gerechte Wassernutzung erforderlich ist;

– …“

3 Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und c sowie Abs. 4 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) In Bezug auf die Umsetzung der in den Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete festgelegten Maßnahmenprogramme gilt folgendes:

b) bei Grundwasser:

i) die Mitgliedstaaten führen, vorbehaltlich der Anwendung der Absätze 6 und 7, unbeschadet des Absatzes 8 und vorbehaltlich der Anwendung des Artikels 11 Absatz 3 Buchstabe j), die erforderlichen Maßnahmen durch, um die Einleitung von Schadstoffen in das Grundwasser zu verhindern oder zu begrenzen und eine Verschlechterung des Zustands aller Grundwasserkörper zu verhindern;

ii) die Mitgliedstaaten schützen, verbessern und sanieren alle Grundwasserkörper und gewährleisten ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und ‑neubildung mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie gemäß den Bestimmungen des Anhangs V, vorbehaltlich etwaiger Verlängerungen gemäß Absatz 4 sowie der Anwendung der Absätze 5, 6 und 7, unbeschadet des Absatzes 8 und vorbehaltlich des Artikels 11 Absatz 3 Buchstabe j) einen guten Zustand des Grundwassers zu erreichen;

iii) die Mitgliedstaaten führen die erforderlichen Maßnahmen durch, um alle signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentration von Schadstoffen aufgrund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umzukehren und so die Verschmutzung des Grundwassers schrittweise zu reduzieren.

c) bei Schutzgebieten:

Die Mitgliedstaaten erfüllen spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie alle Normen und Ziele, sofern die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage die einzelnen Schutzgebiete ausgewiesen wurden, keine anderweitigen Bestimmungen enthalten.

(4) Die in Absatz 1 vorgesehenen Zeitspannen können zum Zweck der stufenweisen Umsetzung der Ziele für Wasserkörper verlängert werden, sofern sich der Zustand des beeinträchtigten Wasserkörpers nicht weiter verschlechtert und die folgenden Bedingungen alle erfüllt sind:

…“

4 Art. 5 der Richtlinie sieht vor:

„(1) Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass für jede Flussgebietseinheit oder für den in sein Hoheitsgebiet fallenden Teil einer internationalen Flussgebietseinheit

– eine Analyse ihrer Merkmale,

– eine Überprüfung der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten auf den Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers und

– eine wirtschaftliche Analyse der Wassernutzung

entsprechend den technischen Spezifikationen gemäß den Anhängen II und III durchgeführt und spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie abgeschlossen werden.

(2) Die Analysen und Überprüfungen gemäß Absatz 1 werden spätestens 13 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie und danach alle sechs Jahre überprüft und gegebenenfalls aktualisiert.“

5 Art. 11 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass für jede Flussgebietseinheit oder für den in sein Hoheitsgebiet fallenden Teil einer internationalen Flussgebietseinheit unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Analysen gemäß Artikel 5 ein Maßnahmenprogramm festgelegt wird, um die Ziele gemäß Artikel 4 zu verwirklichen. Diese Maßnahmenprogramme können auf Maßnahmen verweisen, die sich auf Rechtsvorschriften stützen, welche auf nationaler Ebene erlassen wurden, und sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken. Die Mitgliedstaaten können gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, die für alle Flussgebietseinheiten und/oder für alle in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Teile internationaler Flussgebietseinheiten gelten.

(2) Jedes Maßnahmenprogramm enthält die ‚grundlegenden‘ Maßnahmen gemäß Absatz 3 und gegebenenfalls ‚ergänzende‘ Maßnahmen.

(3) ‚Grundlegende Maßnahmen‘ sind die zu erfüllenden Mindestanforderungen und beinhalten

a) Maßnahmen zur Umsetzung gemeinschaftlicher Wasserschutzvorschriften einschließlich der Maßnahmen gemäß den Rechtsvorschriften nach Artikel 10 und Anhang VI Teil A;

c) Maßnahmen, die eine effiziente und nachhaltige Wassernutzung fördern, um nicht die Verwirklichung der in Artikel 4 genannten Ziele zu gefährden;

e) Begrenzungen der Entnahme von Oberflächensüßwasser und Grundwasser sowie der Aufstauung von Oberflächensüßwasser, einschließlich eines oder mehrerer Register der Wasserentnahmen und einer Vorschrift über die vorherige Genehmigung der Entnahme und der Aufstauung. Diese Begrenzungen werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert. Die Mitgliedstaaten können Entnahmen oder Aufstauungen, die keine signifikanten Auswirkungen auf den Wasserzustand haben, von diesen Begrenzungen freistellen;

(4) ‚Ergänzende Maßnahmen‘ sind Maßnahmen, die zusätzlich zu den grundlegenden Maßnahmen geplant und ergriffen werden, um die gemäß Artikel 4 festgelegten Ziele zu erreichen. Anhang VI Teil B enthält eine nichterschöpfende Liste solcher Maßnahmen.

Die Mitgliedstaaten können ergänzende Maßnahmen auch ergreifen, um für einen zusätzlichen Schutz der unter die vorliegende Richtlinie fallenden Gewässer oder eine Verbesserung ihres Zustands zu sorgen; dies gilt auch im Rahmen der Durchführung der einschlägigen internationalen Übereinkommen gemäß Artikel 1.

…“

6 In Nr. 2.1 („Erstmalige Beschreibung“) von Anhang II der Richtlinie 2000/60 heißt es:

„Die Mitgliedstaaten nehmen eine erstmalige Beschreibung aller Grundwasserkörper vor, um zu beurteilen, inwieweit sie genutzt werden und wie hoch das Risiko ist, dass sie die Ziele für jeden einzelnen Grundwasserkörper gemäß Artikel 4 nicht erfüllen. Die Mitgliedstaaten können Grundwasserkörper zum Zweck dieser erstmaligen Beschreibung in Gruppen zusammenfassen. Für diese Analyse können vorhandene hydrologische, geologische, pedologische, Landnutzungs‑, Einleitungs- und Entnahmedaten sowie sonstige Daten verwendet werden; aus der Analyse muss aber folgendes hervorgehen:

– Lage und Grenzen des Grundwasserkörpers bzw. der Grundwasserkörper;

– Belastungen, denen der/die Grundwasserkörper ausgesetzt sein kann/können, einschließlich

– diffuse Schadstoffquellen,

– punktuelle Schadstoffquellen,

– Entnahme,

…“

7 Nr. 2.2 („Weitergehende Beschreibung“) von Anhang II der Richtlinie lautet:

„Im Anschluss an diese erstmalige Beschreibung nehmen die Mitgliedstaaten eine weitergehende Beschreibung derjenigen Grundwasserkörper oder Gruppen von Grundwasserkörpern vor, bei denen ein Risiko hinsichtlich der Zielrichtung ermittelt wurde, um das...

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