Gerencia Regional de Salud de Castilla y León contra Delia.

JurisdictionEuropean Union
ECLIECLI:EU:C:2022:310
Date28 April 2022
Docket NumberC-86/21
Celex Number62021CJ0086
CourtCourt of Justice (European Union)

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

28. April 2022(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Art. 45 AEUV – Verordnung (EU) Nr. 492/2011 – Art. 7 Abs. 2 – Gleichbehandlung – Nationales System zur Anerkennung der beruflichen Laufbahn von Angehörigen der Gesundheitsberufe – Nichtberücksichtigung der in den Gesundheitsdiensten eines anderen Mitgliedstaats erworbenen Berufserfahrung – Hindernis“

In der Rechtssache C‑86/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht Kastilien und Léon, Spanien) mit Entscheidung vom 4. Februar 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Februar 2021, in dem Verfahren

Gerencia Regional de Salud de Castilla y León

gegen

Delia

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin I. Ziemele sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und A. Kumin,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Gerencia Regional de Salud de Castilla y León, vertreten durch D. Vélez Berzosa als Bevollmächtigte,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Galindo Martín und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 AEUV und Art. 7 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1).

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Delia und dem Generaldirektor der Gerencia Regional de Salud de Castilla y León (Regionale Gesundheitsdirektion von Kastilien und León, Spanien) aufgrund der Weigerung des Generaldirektors, im Rahmen der Anerkennung der beruflichen Laufbahn von Frau Delia für die Ermittlung ihres Dienstalters die von ihr in Portugal erworbene Berufserfahrung zu berücksichtigen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3 Kapitel I der Verordnung Nr. 492/2011 trägt den Titel „Die Beschäftigung, die Gleichbehandlung und die Familienangehörigen der Arbeitnehmer“. Art. 7 dieser Verordnung, der zu Abschnitt 2 („Ausübung der Beschäftigung und Gleichbehandlung“) dieses Kapitels gehört, sieht in seinem Abs. 1 vor:

„Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.“

Spanisches Recht

4 In Art. 44 der Ley 14/1986, General de Sanidad (Allgemeines Gesetz 14/1986 über die Gesundheit) vom 25. April 1986 (BOE Nr. 102 vom 29. April 1986, S. 15207) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung wird das nationale Gesundheitssystem wie folgt definiert:

„1. Sämtliche öffentlichen Strukturen und Dienstleistungen im Dienst der Gesundheit bilden das nationale Gesundheitssystem.

2. Das nationale Gesundheitssystem ist die Gesamtheit der Gesundheitsdienste der Verwaltung des Staates und der Gesundheitsdienste der Autonomen Gemeinschaften nach Maßgabe dieses Gesetzes.“

5 Das Real Decreto 184/2015, por el que se regula el catálogo homogéneo de equivalencias de las categorías profesionales del personal estatutario de los servicios de salud y el procedimiento de su actualización (Königliches Dekret Nr. 184/2015 zur Festlegung eines einheitlichen Verzeichnisses der Gleichwertigkeit der Berufsgruppen des statutarischen Personals der Gesundheitsdienste und zu dessen Aktualisierung) vom 13. März 2015 (BOE Nr. 83 vom 7. April 2015, S. 29447) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung enthält eine Tabelle der Gleichwertigkeit der Berufsgruppen, auf deren Grundlage dem statutarischen Personal Zugang zu freien Stellen in anderen Gesundheitsdiensten gewährt wird, was zur Verbesserung der Qualität der Versorgung und zur Gewährleistung der Mobilität im gesamten nationalen Gesundheitssystem führt, wie es Art. 43 der Ley 16/2003, de cohesión y calidad del Sistema Nacional de Salud (Gesetz 16/2003 über Kohäsion und Qualität im nationalen Gesundheitssystem) vom 28. Mai 2003 (BOE Nr. 128 vom 29. Mai 2003, S. 20567) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung vorsieht.

6 Art. 37 der Ley 44/2003, de ordenación de las profesiones sanitarias (Gesetz 44/2003 über die Organisation der Gesundheitsberufe) vom 21. November 2003 (BOE Nr. 280 vom 22. November 2003, S. 41442) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Gesetz 44/2003), der die Anerkennung der beruflichen Entwicklung betrifft, bestimmt:

„1. Es wird ein System zur Anerkennung der beruflichen Entwicklung der Angehörigen der Gesundheitsberufe geschaffen, auf die sich die Art. 6 und 7 dieses Gesetzes beziehen. Dieses System besteht aus der öffentlichen, ausdrücklichen und individualisierten Anerkennung des Niveaus der beruflichen Entwicklung, die ein Angehöriger eines Gesundheitsberufs hinsichtlich Kenntnissen, Erfahrung in der Krankenpflege sowie der Lehr- und Forschungstätigkeit wie auch beim Erreichen der Ziele der Krankenpflege und der Forschung innerhalb der Organisation erlangt hat, für die er seine Dienste erbringt.

3. Berufsangehörige, die im Hoheitsgebiet des Staats niedergelassen sind oder dort ihre Leistungen erbringen, erhalten auf freiwilliger Basis Zugang zum System der beruflichen Entwicklung.“

7 Art. 38 des Gesetzes 44/2003 regelt bestimmte allgemeine Grundsätze der Anerkennung der beruflichen Entwicklung:

„1. Die Gesundheitsverwaltungen regeln für ihre eigenen Zentren und Einrichtungen die Anerkennung der beruflichen Entwicklung nach folgenden allgemeinen Grundsätzen:

b) Der Zugang zur ersten Besoldungsgruppe oder zu höheren Besoldungsgruppen erfordert eine positive Beurteilung der Verdienste des Betroffenen im Hinblick auf seine Kenntnisse, seine Fähigkeiten, seine nachweisliche Weiterbildung sowie seine Lehr- und Forschungstätigkeiten. In dieser Beurteilung sind auch die Ergebnisse der krankenpflegerischen Tätigkeit des Betroffenen, deren Qualität und die Einhaltung der zu diesem Zweck dafür festgelegten Indikatoren sowie seine Beteiligung an der klinischen Verwaltung gemäß Art. 10 des Gesetzes 44/2003 zu berücksichtigen.

…“

8 Für die Comunidad Autónoma de Castilla y León (Autonome Gemeinschaft Kastilien und León, Spanien) ist die anwendbare Regelung im Decreto 43/2009, por el que se regula la carrera profesional del personal estatutario de los centros e instituciones sanitarias del Servicio de Salud de Castilla y León (Dekret 43/2009 zur Regelung der beruflichen Laufbahn des statutarischen Personals der Zentren und Einrichtungen des Gesundheitsdienstes von Kastilien und Léon) vom 2. Juli 2009 (BOCYL Nr. 125 vom 3. Juli 2009, S. 20084) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Dekret 43/2009) festgelegt, das in Art. 6 bestimmt:

„1. Die Laufbahn im Gesundheitsdienst von Kastilien und León gliedert sich in vier Besoldungsgruppen.

2. Für den Zugang zur ersten Besoldungsgruppe oder zu höheren Besoldungsgruppen gelten die folgenden Voraussetzungen:

a) Zugehörigkeit zum festangestellten statutarischen Personal in der Berufsgruppe, in der die erste oder eine höhere Besoldungsgruppe der entsprechenden Laufbahnart angestrebt wird, und Erfüllung der Aufgaben im Gesundheitsdienst von Kastilien und León;

b) Stellung eines Antrags auf Zugang zur ersten oder zu einer höheren Besoldungsgruppe innerhalb der Frist und in der Form, die in den entsprechenden Ausschreibungen vorgesehen sind;

c) Nachweis, dass der Beruf zum Zeitpunkt der jeweiligen Ausschreibung...

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