Urteile nº T-435/15 of Tribunal General de la Unión Europea, October 10, 2017

Resolution DateOctober 10, 2017
Issuing OrganizationTribunal General de la Unión Europea
Decision NumberT-435/15

In der Rechtssache T-435/15

Kolachi Raj Industrial (Private) Ltd mit Sitz in Karachi (Pakistan), Prozessbevollmächtigter: P. Bentley, QC,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J.-F. Brakeland, M. França und A. Demeneix als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

European Bicycle Manufacturers Association (EBMA), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt L. Ruessmann und J. Beck, Solicitor,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/776 der Kommission vom 18. Mai 2015 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EU) Nr. 502/2013 des Rates eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China auf Einfuhren von aus Kambodscha, Pakistan beziehungsweise von den Philippinen versandten Fahrrädern, ob als Ursprungserzeugnisse Kambodschas, Pakistans beziehungsweise der Philippinen angemeldet oder nicht (ABl. 2015, L 122, S. 4), soweit sie die Klägerin betrifft,

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović, der Richterin A. Marcoulli und des Richters A. Kornezov (Berichterstatter),

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2017

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 vom 8. September 1993 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Antidumpingzolls (ABl. 1993, L 228, S. 1) führte der Rat der Europäischen Union auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in China einen endgültigen Antidumpingzoll von 30,6 % ein.

2 Im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Art. 11 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) bestätigte der Rat diesen Antidumpingzoll mit der Verordnung (EG) Nr. 1524/2000 vom 10. Juli 2000 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 2000, L 175, S. 39) .

3 Nach einer Interimsüberprüfung gemäf‌l Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 384/96 erhöhte der Rat mit der Verordnung (EG) Nr. 1095/2005 vom 12. Juli 2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in Vietnam und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1524/2000 (ABl. 2005, L 183, S. 1) den Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in China auf 48,5 %.

4 Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 990/2011 vom 3. Oktober 2011 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 (ABl. 2011, L 261, S. 2) bestätigte der Rat den geltenden Antidumpingzoll von 48,5 %.

5 Im Anschluss an eine Interimsüberprüfung nach Art. 11 Abs. 3 der nunmehr geltenden Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, Berichtigung ABl. 2010, L 7, S. 22, im Folgenden: Grundverordnung) erlief‌l der Rat im Mai 2013 die Verordnung (EU) Nr. 502/2013 vom 29. Mai 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 990/2011 (ABl. 2013, L 153, S. 17) und bestätigte den geltenden Antidumpingzoll von 48,5 %, auf‌ler für Fahrräder, die von drei Unternehmen ausgeführt wurden, für die unternehmensspezifische Zollsätze festgesetzt wurden.

6 Im Anschluss an eine Umgehungsuntersuchung gemäf‌l Art. 13 der Grundverordnung erlief‌l der Rat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 501/2013 vom 29. Mai 2013 zur Ausweitung des mit der Durchführungsverordnung Nr. 990/2011 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus Indonesien, Malaysia, Sri Lanka und Tunesien versandte Einfuhren von Fahrrädern, ob als Ursprungserzeugnisse Indonesiens, Malaysias, Sri Lankas oder Tunesiens angemeldet oder nicht (ABl. 2013, L 153, S. 1).

7 Nachdem die Europäische Kommission im Jahr 2014 erneut eine Beschwerde erhalten hatte, die dieses Mal die mutmaf‌lliche Umgehung der Antidumpingzölle durch ausführende Fahrradhersteller mit Sitz in Kambodscha, Pakistan beziehungsweise auf den Philippinen betraf, erlief‌l sie die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 938/2014 vom 2. September 2014 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaf‌lliche Umgehung der mit der Verordnung Nr. 502/2013 des Rates eingeführten Antidumpingmaf‌lnahmen gegenüber den Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China durch aus Kambodscha, Pakistan und von den Philippinen versandte Einfuhren von Fahrrädern, ob als Ursprungserzeugnisse Kambodschas, Pakistans oder der Philippinen angemeldet oder nicht, und zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren (ABl. 2014, L 263, S. 5, Berichtigung ABl. 2014, L 341, S. 31). Im Laufe dieser Untersuchung, die den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. August 2014 (im Folgenden: Untersuchungszeitraum) umfasste, erhielt die Klägerin, die Kolachi Raj Industrial (Private) Ltd, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung pakistanischen Rechts, von der Kommission ein „Formular für Unternehmen, die eine Befreiung von einer eventuellen Ausweitung der Zölle beantragen“ (im Folgenden: Formular), das sie ausfüllte und am 17. Oktober 2014 zurückschickte.

8 Nach ihren Angaben in dem Formular erwarb die Klägerin Fahrradteile aus Sri Lanka und China, um Fahrräder in Pakistan zu montieren. Da die Klägerin nicht angegeben hatte, dass sie in Pakistan auch Teile herstellte, ging die Kommission davon aus, dass der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, nicht mehr als 25 % der Herstellungskosten im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Grundverordnung betrug.

9 Dem Formular fügte die Klägerin die Tabelle F.2 bei, die sämtliche von ihr im Zeitraum vom 1. September 2013 bis 31. August 2014 (im Folgenden: Berichtszeitraum) getätigten Käufe von Teilen aufführt. Ausweislich dieser Tabelle hat die Klägerin fünf Gesellschaften als Lieferanten, nämlich die Creative Cycles Pvt Ltd, die Great Cycles Pvt Ltd, die Continental Cycles Pvt Ltd, die Kelani Cycles Pvt Ltd und die Flying Horse Pvt Ltd. In diesem Zusammenhang ist es zwar - wie die Kommission ausführt - zutreffend, dass die Klägerin die Tabellenspalte „verbunden oder nicht verbunden“, mit der etwaige Verbindungen mit ihren Lieferanten ermittelt werden können, nicht ausgefüllt hat. Gleichwohl erwähnte sie, dass zwischen ihr und Great Cycles Verbindungen bestanden, da sie auf Seite 11 des Formulars angab, dass sie und Great Cycles ein und denselben Eigentümer hätten.

10 Am 27. November 2014 wurde die Klägerin auf ihren Antrag hin von der Kommission angehört. Im Laufe dieser Anhörung machte die Klägerin eine Reihe von klarstellenden Angaben und bestätigte ihre Angaben in dem Formular, wonach sie während des Berichtszeitraums Montagevorgänge von Fahrrädern in Pakistan durchgeführt hatte, dass aber weniger als 60 % der hierfür verwendeten Teile aus China kämen und dass ihre Montagevorgänge daher keine Umgehung der geltenden Maf‌lnahmen im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Grundverordnung darstellten.

11 Nach dieser Anhörung forderte die Kommission ergänzende Informationen an. Auf diese Anforderung antwortete die Klägerin am 16. Januar 2015 und räumte ein, nicht nur mit Great Cycles, sondern auch mit Creative Cycles und Continental Cycles verbunden zu sein. Dabei führte sie in Nr. 2 ihrer Antwort an, diese beiden Gesellschaften ursprünglich nicht genannt zu haben, weil Erstere „ihre Tätigkeit eingestellt [habe]“ und Letztere „bereits geschlossen“ sei.

12 Am 17. und 18. Februar 2015 wurde ein Kontrollbesuch durchgeführt. Dieser fand nicht, wie ursprünglich vorgesehen, in den Geschäftsräumen der Klägerin in Karachi (Pakistan) statt, sondern - aus Sicherheitsgründen - mit Einverständnis der Klägerin in Katunayake (Sri Lanka) in den Geschäftsräumen von Great Cycles, wohin die Buchhaltungsunterlagen zum Zweck der Kontrolle verbracht worden waren. Mit der Kontrolle sollte vor allem ermittelt werden, ob der Anteil der Teile aus China unter 60 % des Werts der Gesamtheit der Teile lag, die bei den Montagevorgängen der Klägerin in Pakistan verwendet wurden. Die Kommission beschloss, ihre Untersuchung auf die Angaben zu einem Lieferanten der Klägerin, nämlich Flying Horse, zu konzentrieren, weil die Klägerin von diesem 93 % der bei ihren Montagevorgängen in Pakistan verwendeten Fahrradteile kaufte. Hierzu ging aus den Angaben in Tabelle F.2 hervor, dass dieser Lieferant nicht mit der Klägerin verbunden war. Aus den von der Klägerin bei der Kontrolle vor Ort gemachten Angaben ergab sich ferner, dass dieser Lieferant ein Zwischenhändler war, der Teile beinahe zu gleichen Teilen - in Höhe von 46 bzw. 47 % aller bei den Montagevorgängen der Klägerin in Pakistan verwendeten Fahrradteile - in China und Sri Lanka einkaufte und an die Klägerin weiterverkaufte. Die restlichen Teile bezog die Klägerin direkt von sri-lankischen und kambodschanischen Lieferanten.

13 Es stellte sich heraus, dass Flying Horse erhebliche Mengen Rahmen, Gabeln, Leichtmetallfelgen und Plastikräder von Great Cycles kaufte, einem - wie oben in Rn. 9 dargestellt - mit der Klägerin verbundenen Hersteller von Fahrradteilen mit Sitz in Sri Lanka. Reifen und Felgenbänder wurden hingegen von Vechenson Limited gekauft, einem mit der Klägerin nicht verbundenen, ebenfalls in Sri Lanka ansässigen Hersteller von Fahrradteilen. Die Kommission bezeichnet Letzteren als „echten Fahrradhersteller“ (Rn. 27 der Klagebeantwortung). Da die...

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